

Die "gute alte Zeit"
Die Amtsstube des ersten Bürgermeisters von Leichlingen im Jahre 1819 war mit einigen Stühlen, einem schwarzen Schreibtisch und zwei blau gestrichenen Schränken, in denen auch noch acht Hacken für notwendige Wegearbeiten abgestellt werden mussten, ausgestattet. Am 1.1.1819 trat Josef Everhardt seinen Dienst in Leichlingen an. Von seiner Amtsstube in der Mittelstraße aus verwaltete er zwei Kirchen, vier Schulen, zwei Kommunalzweckhäuser und 505 Wohnhäuser mit insgesamt 815 Feuerstellen. Leichlingen zählte zu der Zeit rund 3000 Einwohner*innen.
Nach kurzer Amtszeit folgte Peter Müller. Die Verwaltungsgeschäfte übte er in seiner Wohnung am Johannisberg aus; ihm zur Seite standen 16 Bürger im Gemeinderat von Leichlingen. Bürgermeister Müller übernahm nach zehnjähriger Dienstzeit in Leichlingen das Bürgermeisteramt in Dorp. Als Nachfolger wurde Eduard Pilgram, wohlhabender Tuchfabrikant, gewählt.
Bürgermeister Pilgram widmete sich fortan nur noch seinen Geschäften als Kaufmann. 1849 wurde Johann Peter Mebus als neuer Bürgermeister eingeführt, der in Leichlingen an der Brücke eine kleine Landwirtschaft betrieb. Seine Sporen hatte er sich als Gemeindevertreter und als Beigeordneter bereits verdient. Bürgermeister Mebus verlegte die Bürgermeisterei vom Bechlenberg (heute Mittelstraße 69) in seine Wohnung an der Brücke (heute Brückenstraße 16) und „regierte“ Leichlingen mit Hilfe eines Sekretärs und eines Polizeidieners, denen er im großen und ganzen die Verwaltungsgeschäfte überließ.
Am 24.9.1856 wurden der Bürgermeisterei Leichlingen die Stadtrechte verliehen. Danach wählte der Gemeinderat seinen Bürgermeister und die besoldeten Mitglieder des Gemeindeverbandes für zwölf Jahre. Die Wahlperiode des Gemeinderates selbst war auf sechs Jahre beschränkt. Seine Erneuerung ging zu einem Drittel in zweijährigem Turnus vor sich. Der Bürgermeister war gleichzeitig Leiter der Verwaltung und Repräsentant von Bürgerschaft und Gemeinderat.
Das erste Rathaus
Dem 1866 in den Ruhestand getretenen Bürgermeister Mebus folgte Friedrich Wirtz. Die Stadt Leichlingen war damals stolz darauf, die bürgerschaftliche Selbstverwaltung durch das neue Rathaus von 1891 an der Neukirchener Straße zum Ausdruck zu bringen. Als Wirtz 1890 in den Ruhestand ging, wählte der Gemeinderat im selben Jahr aus dem Kreise von 80 Bewerbern den Kreissekretär Gustav Dahlmann zum Bürgermeister. Zielstrebig sanierte er die Wasserversorgung in Leichlingen und auch die zügige Versorgung der Stadt Leichlingen mit Elektrizität ist auf sein Engagement zurückzuführen.1902 lief die Amtszeit von Bürgermeister Dahlmann aus. Einstimmig wählte der Gemeinderat 1902 den Verwaltungssekretär der Regierung in Düsseldorf, Ernst Klein, gebürtiger Ostpreuße, zum Bürgermeister. Schaffung des Stadtwappens, Neubau eines Postgebäudes und die Eindeichung und Regulierung der Wupper mit Brückenbau in der Stadtmitte gehörten zu seinen Initiativen.
Im Jahre 1920 kaufte die Stadt Leichlingen das 1872 erbaute Weyermannsche Haus. Die Verwaltung ließ sich hier nieder und das erste Rathaus von Leichlingen diente fortan als Domizil für die Stadtsparkasse.
Nach Ablauf seiner zweiten Wahlperiode trat Klein in den Ruhestand. Der Syndikus des Arbeitgeberverbandes Solingen, Paul Gerhardt, folgte ihm im Amt. 1933 wurde seiner Tätigkeit ein jähes Ende gesetzt. Die Nationalsozialisten vertrieben ihn aus dem Rathaus und schleiften ihn durch die Stadt. Die bürgerschaftliche Selbstverwaltung kam zum Erliegen. 1934 übertrug die Regierung die Amtsgeschäfte der Bürgermeisterei Leichlingen Hans Gerhard, vorher Verwaltungschef in Melle. Ihm blieb die Amtsführung mit Eigeninitiativen versagt. Als Verwaltungsbeamter versuchte er aber, Auswüchse der parteipolitischen Ideologien von Leichlingen fernzuhalten.
Nach dem Zusammenbruch 1945 begann der demokratische Aufbau. Der neue Stadtrat trat am 30. September 1946 erstmals zusammen. Die Zweigleisigkeit der Verwaltung wurde nach englischem Muster eingeführt: der Bürgermeister als Vorsitzender des Rates der Gemeinde und gleichzeitig deren Repräsentant auf der einen und der Stadtdirektor als Leiter der Verwaltung auf der anderen Seite.
Zuständig für alle Angelegenheiten der Gemeinde wurde der Rat der Stadt. Beide, Bürgermeister und Stadtdirektor, werden vom Rat der Stadt gewählt, der Bürgermeister für die Dauer der Legislaturperiode, der Stadtdirektor für die Dauer von zwölf Jahren.
Als erster Bürgermeister nach dem Krieg trat Heinrich Gier 1946 sein Amt an. Ihm folgte 1947 Konrad Klipp. Die Folgen des Zusammenbruchs waren zu bewältigen. Als Nachfolger wurde Heinrich Stiefken, Stadtamtmann aus Opladen, berufen.


Das neue Rathaus: Planung und Bau
Ein wichtiger Grund für die Ratsentscheidung am 19. Oktober 1971, ein modernes Verwaltungsgebäude zu bauen, war die Bevölkerungsexplosion in den 60er Jahren, als Leichlingen von rund 14.000 auf 20.500 Einwohner wuchs.
Der am 29.06.1971 – als Nachfolger von Heinrich Stiefken – für 12 Jahre zum Stadtdirektor gewählte Otto Birkendahl trieb auch angesichts des drohenden Souveränitätsverlustes als Folge der Gebietsreform den Rathausneubau mit aller Kraft voran.
Es entstand die Idee des Baus eines Mehrzweckgebäudes, in dem Verwaltung, Hotellerie, Restaurant, Ärztepraxen und Wohnungen ihren gemeinsamen Platz finden sollten. Bauherren waren die Stadt Leichlingen und ein privater Investor – die Wohnungsbauverwaltung Günter Cremer aus Leichlingen.
Von Anfang an war geplant, Veränderungen der Raumnutzung relativ leicht zu ermöglichen. Im Inneren des Rathauses wurden die Wände so installiert, dass sie jederzeit ohne viel Aufwand und flexibel versetzt werden können. Die Verwaltung hat bislang in reichlichem Maße davon Gebrauch gemacht. Die Statik des Mehrzweckgebäudes ist zudem so ausgerichtet, dass die Aufstockung durch ein weiteres Geschoß jederzeit umgesetzt werden kann.
Nach den Plänen des Architektenbüros Heuser & Henneböhl in Leverkusen entstand ein Gebäudekomplex in L-Form, in dessen fünfstöckigem Hauptteil das Rathaus untergebracht wurde. Dazu kamen das Hotel – mit 62 Betten -, das Restaurant „Bergische Stuben“, eine Zweigstelle der Stadtsparkasse, Ärztepraxen und Wohnungen. Die Kosten für den Verwaltungsteil nebst Stadtbücherei und Hausmeisterwohnung sowie Ersteinrichtung beliefen sich auf 5.298.000 Mark.



Umbau, Aus- und Umzüge
Am 11. August 1973 – nach 14monatiger Bauzeit – konnte das Rathaus im Rahmen der 1000-Jahr-Feier seinen Bestimmungen übergeben werden.
Die Fertigstellung des Millionenprojektes „Brückerfeld“ - einer bereits Ende der 70er Jahre geplanten und kalkulierten Stadtkernsanierungsmaßnahme - erfolgte 1987 unter Stadtdirektor Hans Georg Kinzel – der im August 1983 für acht Jahre zum Verwaltungschef gewählt worden war – und Bürgermeister Karl Reul (1975 bis 1994), der mit seiner 19jährigen Dienstzeit als bislang zeitlängster ehrenamtlich tätiger Bürgermeister in die Rathausgeschichte eingeht.
Das Referat 19 – Stadtentwicklung, -sanierung und Wirtschaftsförderung – war sicherlich eines der umzugsfreudigsten Abteilungen. Vom Rathaus in die Pförtnerloge von Simons und Frowein, zur Baubaracke im Brückerfeld, von der Verwaltungsnebenstelle Am Schulbusch 16, vorübergehend für einige Zeit im Rathaus untergebracht, zog das Referat in den 90er Jahren ins Brückerfeld 1-7.
Die Mitarbeiter*innen des Amtes für Schule Kultur und Sport – die bereits in den 80er Jahren aus dem Rathaus heraus in die Verwaltungsnebenstelle Am Schulbusch 16 ausweichen mussten, räumtenin den 90er Jahren ebenfalls erneut die Büros, um ihr neues Domizil im Bürgerhaus und Weyermannhaus, Am Hammer 9 und 10, zu beziehen.
Die dringenden Auflagen des Regierungspräsidenten Köln, ein Abwasserbeseitigungskonzept, fielen in die Amtszeit von Stadtdirektor Gerhard Lenz (1991 bis 1997).
Direkt zu Beginn seines Dienstantritts nahm Stadtdirektor Lenz neben seinen Aufgaben als Verwaltungschef auch zweieinhalb Jahre die Aufgaben des Werkleiters des neu installierten Städtischen Abwasserbetriebes (STAB) wahr. Die räumliche Unterbringung des STAB erfolgte aus Platzmangel nicht im Rathaus, sondern Im Brückerfeld 1-3.
Um zum einen hohe Mietkosten zu sparen, zum anderen Aufgaben zu bündeln und zu zentralisieren, wurde der STAB als Eigenbetrieb organisatorisch dem Baudezernat zugeordnet. Zunächst zog der städtische Abwasserbetrieb vom Brückerfeld in die Verwaltungsnebenstelle Am Schulbusch 16. Ihm folgte 1997 das Baudezernat – mit Ausnahme des Hochbauamtes.
Damit war eine komplette Verwaltungseinheit unter Dach und Fach. Die in der vierten Etage des Rathauses freigewordenen Räumlichkeiten wurden zu Beginn des Jahres 1998 nahtlos vom „neuen“ Jugendamt – einer bis dahin vom Rheinisch-Bergischen Kreis wahrgenommenen Aufgabe – bezogen. Das Amt für Schule, Kultur und Sport war 1997 bereits einige Monate zuvor ins Rathaus zurückgekehrt. Geldnöte hatten den Rat veranlaßt, das Weyermannhaus zu veräußern.
Eine geänderte Kommunalverfassung machte es möglich: Am 20. Oktober 1997 wählte der Rat der Stadt Leichlingen Ernst Müller zum hauptamtlichen Bürgermeister. Bürgermeister Müller, der seinen Dienst am 02.01.1998 antrat, war somit nicht nur oberster Repräsentant, sondern auch Chef der Verwaltung.