Der Bau des „Rathhauses“
Bevor Leichlingen sein erstes Rathaus bekam, waren die Wohnräumlichkeiten der Bürgermeister zugleich ihre Amtsstube, da die Stadtoberhäupter ihr Arbeitszimmer selbst zu stellen hatten. Erst in der Kaiserzeit wurde die Notwendigkeit, dass Leichlingen ein eigenes Rat-haus brauchte, wahrgenommen. Das Rathaus wurde bereits 1890, damals noch unter Bürgermeister Friedrich Wirtz, in Auftrag gegeben. Jedoch konnte erst der neue Bürgermeister Gustav Dahlmann 1891 mitsamt Verwaltung in das neue Gebäude einziehen. Das „Rathhaus“, so die damalige Schreibweise, bestand damals aus einem vier Meter hohen Erdgeschoss, dem ersten Stock sowie einigen Dachräum-lichkeiten. Während die Verwaltung im Erdgeschoss untergebracht wurde, bewohnte der Bürgermeister mit seiner Familie den ersten Stock sowie das Dachgeschoss (samt Turmzimmer und Trockenspeicher). Anzumerken ist, dass auf dem Gebäude die Jahreszahl 1892 angebracht ist, während die Überlieferung von 1891 als Baujahr ausgeht.
Die erste Verwaltung im „alten Rathaus“
Die Verwaltungsräume bestanden damals aus drei Zimmern, wobei zugleich der Ratssitzungssaal mit Zuhörerraum auf derselben Etage untergebracht wurde. Die drei Zimmer der Verwaltung bestanden aus einem großen Büro, wo alle möglichen Verwaltungstätigkeiten ausgeübt wurden, wie z.B. Personenstandsangelegenheiten, polizeiliche Vernehmungen oder Armenfälle. Hinter dem großen Büro befand sich das Bürgermeisterzimmer. Dazu kamen noch ein Arbeitsraum für den Sekretär sowie ein kleines Aktenzimmer. Schon damals waren die Räumlichkeiten knapp bemessen, was sich daran zeigt, dass die Gemeindekasse weiterhin nicht im Rathaus einquartiert wurde.
Das Personal der damaligen Verwaltung bestand (neben dem Bürgermeister) aus einem Stadtsekretär, einem Polizeibeamten, einem Rendanten und einem Vollziehungsbeamten. Dazu kam ein Wegewärter mitsamt drei Arbeitern. Des Weiteren gab es Lehrlinge und Gehilfen im Stadtsekretariat und in der Stadt- und Sparkasse. Die Beigeordneten waren Ehrenamtler.
Bürgermeister Gustav Dahlmann wurde 1902 durch Bürgermeister Ernst Klein abgelöst, der bis 1926 im Amt war. Aufgrund des späteren Umzugs der Verwaltung sind Dahlmann und Klein die einzigen Bürgermeister, die ihren Amtssitz im alten Rathaus hatten.
Das Gebäude selbst erlebte bis 1914, wie die von der industriellen Revolution geprägte Gesellschaft, eine Phase der Modernisierung. Während das Haus anfangs noch mit Kohleöfen beheizt und mit Petroleumlampen beleuchtet wurde, wurde das Gebäude 1897 durch eine neu verlegte Wasserleitung an die Wasserversorgung angeschlossen. Vier Jahre später, mit dem Abschluss des Stromlieferungsvertrages mit dem Bergischen Elektrizitätswerk Solingen, wurden die Räume des alten Rathauses durch elektrisches Licht erleuchtet. Wiederum zwei Jahre später erhielt das Rathaus einen Telefonanschluss mitsamt zwei Kurbeltelefonen, je eins im Aktenzimmer und in der Wohnung des Bürgermeisters.

Vom Verwaltungsgebäude zu Wohnhaus und Sparkasse
In den folgenden Jahrzehnten wuchs der Verwaltungsapparat weiter an. Mit zunehmender Ämter- und Mitarbeiterzahl wurde der Platzmangel immer größer, sodass die Stadtverwaltung bereits kurz nach dem Ersten Weltkrieg den sogenannten „Lindenhof“ als neues Rathaus erwarb, instand setzte und einzog.
Aufgrund der Wohnungsnot nach dem Krieg wurde das Erdgeschoss des alten Rathauses zunächst als weiterer Wohnraum benutzt. Die oberen Geschosse dienten nach wie vor als Dienstwohnung des Bürgermeisters. 1927 zog die Sparkasse in das Erdgeschoss des alten Rathauses ein.

Die Sparkasse übernimmt das alte Rathaus
Die erste Amtsstube, die seit den 20er Jahren durchgängig von der Sparkasse genutzt wurde, gehörte zunächst noch der Stadt. Es wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1948, kurz nach der Währungsreform, auf die Sparkasse übertragen. Nachdem die Sparkasse die Eigentümerschaft übernommen hatte, wurden sowohl innen als auch außen verschiedene Erneuerungs- und Baumaßnahmen ausgeführt.
Das Gebäude wurde durch die Sparkasse bis Anfang der 1970er Jahre genutzt. 1971 zog die Sparkasse in den neuen Aluminiumanbau. Die Einweihung erfolgte am 9. Juni 1971. Die Sparkasse hatte zwar ursprünglich Pläne, auch den Altbau zu erneuern und weiterhin als Geschäftsräumlichkeiten zu nutzen. Jedoch wurden diese Pläne nicht weiterverfolgt, wodurch der nun kommende Leerstand zum Thema für die Stadtverwaltung und die Bevölkerung wurde.
In den folgenden zwei Jahren gab es im städtischen Kultur- und Vereinswesen intensive Diskussionen über die zukünftige Nutzung des alten Rathauses.Vereine und Jugendverbände erhofften sich die Möglichkeit eines Vereinsheims bzw. -raumes im Stadtkern.
Die Stadtverwaltung und der Stadtrat wiederum hatten die Nutzung des Gebäudes durch die örtliche Polizei im Auge, da sich durch den Umzug der Verwaltung in das neue Rathaus räumliche Veränderungen ergaben und eine Verlegung der Polizeistation in die direkte Nachbarschaft sinnvoll erschien.

Multifunktionale Nutzung – Polizei, Jugend, Wohnung
Während das Erdgeschoss der Polizei zur Verfügung gestellt werden sollte, beschloss die Stadt-vertretung am 12. September 1972 die Annahme des Verwaltungsvorschlags des Haupt- und Finanz-ausschusses. Dieser sah vor, dass das erste Stockwerk des Hauses von der Stadt angemietet werden sollte, um es dann an den Jugendkreis des Volksbildungswerks weiterzugeben und diesen mit der Wahrnehmung der Mieterrechte zu beauftragen. Das zweite Obergeschoss sollte als Wohnung des neu einzustellenden Hausmeisters dienen.
1973 einigten sich Stadt und Sparkasse schließlich darauf, die Räumlichkeiten des alten Rathauses zunächst für fünf Jahre der Polizeidienststelle mietweise zur Verfügung zu stellen. Der Mietvertrag wurde am 21.08.1973 abgeschlossen. Diese Regelung wurde auch über 1978 hinaus beibehalten, da die Sparkasse in den 80er Jahren das Grundstück gegen-über erwarb und 1987 schließlich den Neubau (jetzige Kreissparkasse Köln) bezog.
Das alte Rathaus als Polizeistation
In den ersten Monaten benutzte die Polizei lediglich das Erdgeschoss des Gebäudes. Die Wohnräume im Dachgeschoss blieben bestehen, wobei die Wohnung für den Hausmeister und seine Familie reserviert blieb. Zu dieser Zeit nahmen 16 Schutzpolizisten in Leichlingen ihren Dienst wahr.
Während die Sparkasse die Kellerräume des Rathauses u.a. als Aufbewahrungsort für ihr Geldvermögen (Safe) nutzte, war die Nutzung durch die Polizei auf Serverraum, Asservatenkammer und Aktenlagerort beschränkt. Die sonstigen Räumlichkeiten blieben de facto unbenutzt. Eine Zelle gab es in der Wache nicht.
Das alte Rathaus geht zurück an die Stadt
Die Polizeiwache blieb bis zum 15. Januar 2016 im alten Rathaus stationiert. Das Gebäude verblieb im Besitz der Kreissparkasse Köln. Im Jahr 2018 kaufte die Stadt das Gebäude samt Anbau für eine Million Euro zurück, sodass sich damit ein Kreis schließt. Nach 70 Jahren befindet sich das alte Rathaus wieder in öffentlicher Hand.
