Tagebuch einer Nelkenkirschen aus Leichlingen: Erlebnisbericht eines Baumes
von Oliver Heidelberg / Bauhof Leichlingen
Vielen Leichlinger Bürgern fällt es gar nicht auf, dass die Blütenpracht im Frühjahr trügerisch ist. Noch immer blühen rund 80 der japanischen Nelkenkirschen im Stadtgebiet um die Wette. Hier und da gibt es in den Reihen der einstigen Prachtalleen bereits Lücken im Baumbestand, doch nimmt man es zur Blütezeit gar nicht so wahr, dass irgendetwas nicht stimmt… denn selbst, wenn es den auf Blütenmasse getrimmten Zuchtkirschen schlecht geht, machen sie immer noch ihren Job: Blüten zu Hauf produzieren.
Aus fast allen Richtungen führen die Kirschenreihen ins Stadtinnere, in der Brückenstraße, der Neukirchener Straße oder der Kirchstraße. Im Stadtpark säumen sie Trödelmarkt, Bratapfelfest oder Musikveranstaltungen. Auch in Witzhelden sind sie hier und da präsent.
Prunus serrulata „Kanzan“ ist die in Europa beliebteste Zuchtform und wird mit 12 Metern, in trichterförmigem Wuchs, recht groß und ausladend. Der Tiefwurzler gilt als sehr robust und mag nährstoffreichen Humusboden. 1913 wurde die Nelkenkirsche nach England eingeführt und seitdem in Europa gezüchtet und kultiviert. Um neue Bäume zu erhalten, wurden Reiser der Nelkenkirschen auf einen Stammbildner, meist der heimischen Vogelkirsche, veredelt – also künstlich vegetativ vermehrt. Solche sortenrein gewonnenen Klone werden selten älter als 50 Jahre alt. Diese Hybriden wurden lange Zeit auf große, gefüllte und lange Blüten gezüchtet, Staubgefäße wurden deshalb zu Blütenblättern umgewandelt. Somit ist diese Zierkirsche völlig steril und für Insekten uninteressant., selbst der Blütenduft ist fast nicht wahrnehmbar. Des „Züchters Wahn“ hat schließlich sogar die Früchte weggezüchtet, womit fast alles fehlt, was einen schönen Kirschbaum ausmacht. Als Fotomodell sind die Bäume jedoch nach wie vor beliebt, besonders in den 3 intensiven Blühwochen im Frühjahr.
Seit ihrer Pflanzung in den 1950er Jahren, bis in die heutige Zeit haben die Nelkenkirschen ein Tagebuch geschrieben, Auszüge davon stellte uns die Kirschengemeinde Leichlingen zur Verfügung
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Was unseren Stadtbäumen Sorge bereitet:
- Bodenverdichtung durch Betreten und Befahren
- Viel zu kleine Pflanzlöcher, ideal sind 12 Kubikmeter Wurzelraum
- Hinterlassenschaften von Hunden, insbesondere Urin von Rüden, die die Bäume „markieren“.
- Streusalz
- Emissionen
- Hitze und Trockenheit
- Anfahrschäden
- Unfachmännisch ausgeführte Schnittmaßnahmen
- Mähschäden an der Wurzel
- Abgrabungen an der Wurzel (Baustellen, etc)
- Sonneneinstrahlung bei starkem Frost (Frostrisse)
- Falsche oder keine Anwuchspflege (Düngung, Wasserversorgung, fehlender Stammschutz nach der Pflanzung)
- Ungünstiger Standort
- Schäden durch Plakate, etc (Einschnürungen und Einwachsen von Draht)
- Erhöhte Gefahr der Übertragung von Krankheiten bei Alleenpflanzung der gleichen Baumart bis zum Totalausfall ganzer Baumgruppen
- Krankheiten wie Schrotschusskrankheit oder Spitzendürre (Monilia)
- Alter der Bäume
- Vandalismus