Objekt des Monats Mai - Juli / verlängert bis Dezember 2014

„Türgriff des ehemaligen Rathauses Am Hammer (Villa Weyermann, abgebrochen 1973)“
Wer denkt beim Betreten eines Rathauses darüber nach, wer bereits zuvor die historische Türschwelle überschritten hat? Vermutlich niemand. Wie viele Einwohner Leichlingens berührten in der 100jährigen Geschichte der Villa Weyermann wohl den Türgriff des späteren Rathaus Am Hammer, bevor dieses 1973 von der Bildfläche verschwand? Es müssen tausende Menschen gewesen sein – einfache Bürger auf dem Weg in die Stadtverwaltung, frisch verheiratete Paare, die glücklich das Standesamt verließen, Mitarbeiter der Verwaltung, aber auch prominente Persönlichkeiten der Stadtgeschichte wie etwa der Erbauer der Villa Rudolf Weyermann oder der bekannte Bürgermeister Leichlingens der Jahre 1902 bis 1926 Ernst Klein.
Die Liste derjenigen, die die zweiflüglige wie reichlich verzierte Holztür durchschritten, ist endlos – doch an das wohl wichtigste historische Türrequisit hat sicherlich keiner der Eintretenden gedacht – der Türgriff der Villa Weyermann, des späteren Rathauses Am Hammer.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stehen gestiegene Preise für Bauland und der Mangel an „wohlfeilen“ Arbeitskräften den wirtschaftlichen Zielen vieler bergischer Unternehmer entgegen. Zu diesen zählte auch Rudolf Weyermann (1823-1889), Inhaber der in Elberfeld beheimateten Firma Abraham Weyermann Söhne. Seine Bemühungen um den Erwerb eines neuen Firmengeländes führte nicht zufällig nach Leichlingen, hatte er doch verwandtschaftliche Beziehungen zu seinerzeitigen Besitzern auf Schloss Eicherhof. Als Mitglied im Aufsichtsrat der Bergisch-Märkischen Eisenbahngesellschaft weiß Weyermann frühzeitig um den 1867 realisierten Anschluss Leichlingens an das Eisenbahnnetz, was man heute als Insiderwissen bezeichnen würde. So errichtet Weyermann 1865 auf dem Gelände der ehemaligen Kupferhämmer bzw. des heutigen Schulzentrums eine Türkischrot-Färberei. Für die damals rund 4.500 Einwohner zählende Stadt Leichlingen ein Glücksfall. Nahezu zwanzig Jahre lang ist Weyermann der größte Arbeitgeber und Gewerbesteuerzahler vor Ort. Nach seinem Tod wird die Färberei 1890 an den Fabrikanten Albert Römer aus Opladen verkauft.
Wohnen und Arbeiten sind in jener Zeit nicht nur für die Arbeiter eng miteinander verknüpft – auch die Fabrikanten leben in der Regel nahe bei ihren Unternehmen. Die Familie Weyermann lässt in den 1870er Jahren Am Hammer drei Villen errichten, die durch einen Park und eine Bootsanlegestelle an der Wupper als Ensemble komplettiert werden. Architekten und ausführende Baumeister sind heute leider unbekannt. Die größte der Villen, der 1872 errichtete „Lindenhof“ Am Hammer 8, diente der Familie fortan als Wohnhaus.

Nach dem Ersten Weltkrieg fordern die stetig wachsenden Verwaltungsarbeiten immer mehr Raum. Unter Bürgermeister Ernst Klein gelingt es der Stadt Leichlingen im Jahr 1920, den „Lindenhof“ aufzukaufen. Bis 1973 dient das repräsentative Gebäude als Rathaus, Standesamt und Polizeistation. Nach fast genau einhundert Jahren ist die Geschichte der heute vielfach vermissten Villa allerdings besiegelt – das Rathaus wird zugunsten des neuen Schulzentrums 1973 geräumt und abgebrochen.
Nur einige wenige Überbleibsel der Villa sind 40 Jahre später erhalten, so das Schild des seinerzeitigen Standesamtes und der Türgriff, den vermutlich die meisten Altleichlinger in ihrem Leben bereits berührten. Von ihnen hätte wohl niemand erwartet, dass gerade der vermeintlich unbedeutende Griff als letztes Relikt wie geschichtsträchtiges Artefakt die Villa Weyermann überdauerte.
Weiteres können Sie HIER auf der Internetseite des Kölner Stadtanzeigers vom 9. Mai 2014 nachlesen.