Hochwasserfolgen: Das Großprojekt Rathauskeller

Hochwasserfolgen: Das Großprojekt Rathauskeller

Dass der in der Hochwassernacht im Juli einberufene Krisenstab aus Feuerwehr, Rettungskräften und Verwaltungsspitze in den ersten Tagen und Nächten nach der Katastrophe quasi rund um die Uhr im Einsatz war, ist vielen Leichlinger*innen bewusst. Die Arbeit der Stadtverwaltung konnte dank der fortgeschrittenen Digitalisierung der Behörde aus dem Homeoffice fortgesetzt werden. Viele städtische Mitarbeiter*innen mussten aber auch vor Ort in Leichlingen hinter den Kulissen ihren Dienst tun. Zwei davon sind die Hausmeister des Rathauses.

Als der Starkregen am frühen Abend des 14. Juli einfach nicht aufhören wollte, kam Hausmeister Holger Hoffmann noch mal ins Rathaus. Das Wasser stand bereits auf der Neukirchener Straße, deshalb drehte Hoffmann eine Kontrollrunde durch den Rathauskeller. Da hörte man es bereits plätschern. Der Hausmeister schloss noch schnell sämtliche Zimmertüren im Keller auf, um der Feuerwehr späteres Aufbrechen zu ersparen, dann zog er sich ins Erdgeschoss zurück. Das nächste Mal konnte er den Keller erst Tage später betreten – zu groß war bis dahin die Gefahr eines Stromstoßes. In den kommenden Stunden lief der Keller voll, das Wasser stand 1, 60 Meter hoch, fast bis zur Decke. Im großzügig geschnittenen Wahlbüroraum, der über dem eigentlichen Kellergeschoss liegt, standen die Fluten circa 90 Zentimeter hoch. Hoffmann selbst verbrachte die Nacht mit ein paar anderen Verwaltungsmitarbeiter*innen im Rathaus – ab einem gewissen Punkt war nicht mehr daran zu denken, das Gebäude zu verlassen. Zu gefährlich waren die Hochwasserfluten, die aus der Wupper ins Stadtgebiet schwappten.

In den nächsten Tagen war Hoffmann rund um die Uhr im Einsatz, koordinierte gemeinsam mit Kolleg*innen aus dem Gebäudemanagement, der Feuerwehr und den Rettungsdiensten das Leerpumpen der Kellerräumlichkeiten, half der EDV bei der Notstromversorgung und erteilte Bürger*innen gemeinsam mit den Kolleg*innen der eingerichteten Notrufnummern und Info-Punkte Auskünfte. Das ganze Ausmaß der Kellerschäden offenbarte sich erst, als nach etwa einer Woche endlich das Wasser abgepumpt und das Gebäude gesichert war.

Hoffmanns Kollege Martin Schmidt, der seit zwanzig Jahren das Rathaus auf Vordermann bringt, beendete seinen Urlaub frühzeitig, um bei der Koordinierung der Aufräumarbeiten mitzuhelfen. Als sie die Kellerräume zum ersten Mal nach der Unwetternacht betraten, bot sich den Hausmeistern ein Bild absoluter Verwüstung. Umgekippte Regale, aufgequollene Papiervorräte, verschlammtes Werkzeug, von Schimmel befallene Akten. Kaum etwas, was im Keller gelagert wurde, hat die Unwetternacht unbeschadet überstanden. Neben dem historischen Stadt- und dem Personenstands- sowie Zwischenarchiv waren auch die städtischen Materiallager betroffen. Denn in den Kellerräumen wurde von Klopapier über Drucker- und Büromaterial, Mundschutzmasken, Desinfektionsmittel, gelbe Säcke, Glühbirnen, Getränkekisten, Putzutensilien, Fahnen und Flaggen, Ersatzteile und Büromöbel so ziemlich alles gelagert, was in rauen Mengen in der Verwaltung benötigt wird. Auch das Werkzeuglager der Hausmeister wurde von Wasser und Schlamm zerstört, genau wie die großen Schneide- und Kuvertiermaschinen, der Industriekopierer, die Rollblockanlage, aber beispielsweise auch die Streusalzvorräte und Laubbläser. Die Elektronik im Keller konnte dem Wasser ebenfalls nicht standhalten: die Batterieanlage, die für die Notbeleuchtung im Rathaus zuständig ist, die Stromhauptverteilerkabel, die Steuerungsanlage der automatischen Türöffnung und der Gleitzeituhren, der Treppenlift zum Ratssaal und die Aufzüge müssen repariert werden. Schwierig gestaltet sich dabei neben den langen Ersatzteillieferzeiten auch das Beauftragen von Fachfirmen – denn die sind für die kommenden Monate und Jahre gut beschäftigt.

Hoffmann und Schmidt verzagen nicht. Tag für Tag und Stück für Stück bringen die Hausmeister wieder Ordnung in das Kellerchaos. Die Kellerräume wurden mithilfe von Zulieferfirmen innerhalb von drei Wochen leergeräumt, 40 bis 50 Personen schleppten im Akkord die einstigen Lagerbestände und Einrichtung an die frische Luft. 250 Kubikmeter Müll wurden dabei entsorgt, körperliche Schwerstarbeit, denn zu diesem Zeitpunkt gab es weder Licht noch funktionierende Aufzüge im Kellerbereich, alles war voller Schlamm. Vor allem die mit Wasser vollgesogenen Papierbestände erschwerten den Transport erheblich – sie waren zu großen Blöcken zusammengepappt und wogen ein Vielfaches ihres ursprünglichen Gewichts. Auf dem feuchten Material machte sich Schimmel breit. Damit der sich nicht weiter ausbreitete, musste schnellstmöglich gehandelt werden. Zur eigenen Sicherheit durften die Kellerräume nur mit Schutzkleidung und Atemschutzmasken betreten werden. Die Feuerwehr musste einige der metallenen Materialschränke aufsprengen, da sich die darin gelagerten aufgequollenen Papierbestände so verkeilt hatten, dass die Schränke sich nicht mehr öffnen ließen.

Nachdem die Inhalte entsorgt und der Keller von Unrat, Schlamm und Wasser befreit war, ging es an die Bausubstanz. Die Kellerräume wurden entkernt, Boden, Türen, Wandbekleidung – alles musste raus. Mithilfe von großen Gebläsen und Entlüftern wird der Rohbau getrocknet, die Geräte laufen heute noch. Auch die Entfeuchter sind weiterhin im Dauereinsatz, die Wasserauffangbehälter werden täglich geleert. Eine Fachfirma kommt einmal pro Woche, um eine etwaige Schimmelbildung zu verhindern. Martin Schmidt und Holger Hoffmann sind trotz allem guter Dinge: Die Arbeiten schreiten voran, nach drei Monaten ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Die schwer beschädigte Heizungsanlage läuft inzwischen wieder, auch der Strom im Rathaus ist vollumfänglich zurück, einer der Aufzüge ist im Einsatz. Nach und nach bauen die Hausmeister sich auch das über Jahre gepflegte Materiallager wieder auf. Aber die Sanierungsarbeiten werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

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