Starkregen 2021 – zwei Jahre danach

 


Zwei Jahre ist es her, dass der großflächige und lang anhaltende Starkregen vom 14. Juli 2021, der zu einer unmittelbaren Überflutung im besiedelten Stadtgebiet führte, die Blütenstadt für zwei Wochen in den Ausnahmezustand versetzte. Er ging als Jahrhundertflut in die Stadtgeschichte ein und hatte enorme Folgen. Gebäude wurden geflutet, Infrastruktur beschädigt, viele Menschen verloren durch Wasser und Schlamm Hab und Gut. Doch gerade in der Katastrophe bewies sich auch einmal mehr der Zusammenhalt der Leichlinger*innen, eine Welle der Solidarität ging durch die Stadt, man packte an, wo Hilfe benötigt wurde.

Zwei Jahre danach schreitet der Wiederaufbau voran. Geht man heute durch die Stadt, deutet auf den ersten Blick nichts darauf hin, welche Schäden der Starkregen nach sich zog. Doch die Sanierungsarbeiten der städtischen Gebäude und Infrastruktur beschäftigen die Stadtverwaltung weiterhin neben dem regulär laufenden Alltagsgeschäft.
 

Wiederaufbauhilfe – 17,3 Millionen Euro für die Beseitigung hochwasserbedingter Schäden

Um die Kommunen bei der Behebung der Schäden der Starkregen-Katastrophe zu unterstützen, richteten Bund und Länder Anfang September 2021 einen Aufbauhilfefonds ein. Auch die Stadt Leichlingen beantragte Wiederaufbauhilfe. Ein halbes Jahr arbeitete Fördermittelmanager Sebastian Scholze in enger Zusammenarbeit mit den Fachämtern mit Hochdruck an der Erstellung des Förderantrags. Das zahlte sich aus: Am 28. April erhielt die Stadt Leichlingen als eine der ersten Kommunen in NRW den Bewilligungsbescheid über die gesamte beantragte Fördersumme von 17,3 Millionen Euro, den Ministerin Ina Scharrenbach Bürgermeister Frank Steffes bei einem Besuch in der Blütenstadt überreichte.
 

Gebäudewirtschaft – Sanierung der städtischen Gebäude

Die städtischen Gebäude haben im Zuge der Starkregen-Katastrophe zahlreiche Schäden davongetragen, in zwanzig von ihnen mussten größere Reparaturen erfolgen, z. B. dem Schulzentrum am Hammer samt Aula und Turnhallen, dem Alten Rathaus und dem Rathaus selbst. Nachdem in den ersten Wochen zunächst die Schäden gesichtet und dringliche Aufräumarbeiten wie das Leerpumpen der Keller sowie die Säuberung von Schmutz vorgenommen wurden, um Folgeschäden wie Schimmelbefall etc. möglichst zu vermeiden, ging es dann an die Gebäudesanierung. Die Kosten werden dabei von der Wiederaufbauhilfe gedeckt.

Die umfassenden starkregenbedingten Sanierungsarbeiten stellen eine hohe zusätzliche Belastung für das Planungsteam der städtischen Gebäudewirtschaft dar, das mit den regulär geplanten Bauvorhaben wie der Sanierung des alten Gebäudes der GGS Büscherhof, dem Neubau der Sporthalle und der daneben liegenden Kita in der Balker Aue, der Erweiterung der Grundschule Uferstraße für OGS und Kita, aber auch unerwartet auftretenden Herausforderungen wie der PCB-Belastung des Schulzentrums oder der Einrichtung zusätzlicher Flüchtlingsunterkünfte bereits gut ausgelastet war und ist. Handwerksfirmen und Architekturbüros sind stark nachgefragt, was die ad hoc aufgetretenen Sanierungsprojekte zusätzlich erschwert.

Trotzdem hat sich im Rahmen der Sanierungsarbeiten schon einiges getan in den letzten zwei Jahren, auch wenn so manches städtische Gebäude noch trostlos erscheint. Das liegt daran, dass der Umsetzung großer Renovierungsarbeiten intensive Vorplanungs- und Ausschreibungsphasen vorausgehen, die bei Sanierungsprojekten solcher Größe nötig sind, unter anderem durch europaweite Ausschreibungsverfahren. Gleichzeitig sollen die Arbeiten genutzt werden, um nötige Renovierungs- sowie Modernisierungsarbeiten mit durchzuführen, zum Beispiel in der zuletzt 1993 sanierten Aula des Gymnasiums. Auch dafür werden vor dem Start der Umsetzung aber in ersten Schritten Planungsphasen benötigt, die als zusätzliche Arbeitsbelastungen zu bereits vor dem Starkregen begonnen Großbauprojekten hinzukommen. Die Wiederaufbauarbeiten werden die Verwaltung entsprechend noch einige Jahre begleiten.

Die aufwendige Sanierung der stark in Mitleidenschaft gezogenen Sporthalle der Sekundarschule ist inzwischen abgeschlossen. Seit dem 21. November 2022 ist sie für die Nutzung durch Schulen und Vereine offiziell wieder freigegeben. Im Zuge der Arbeiten wurden für 635.000 Euro Sportboden, Prallschutz, die Leitungssysteme und die Elektrik erneuert sowie die Umkleiden und Sanitärräume renoviert.

Anfang 2023 konnten die Sanierungsarbeiten an der Hausmeisterwerkstatt der Sekundarschule sowie der Hausmeisterwohnung der Hauptschule fertig gestellt werden.  Erste Arbeiten sind in der Cremers Lounge durchgeführt worden, die im Herbst 2022 entkernt wurde. Die Sanierung des Rathauskellers schreitet ebenfalls voran. 16 Türen sowie die Elektrik wurden erneuert, außerdem wurden Trockenbau- und Malerarbeiten durchgeführt. Aktuell werden Angebote für die weitere Sanierung eingeholt, die im Herbst diesen Jahres fortgesetzt werden soll.

Für weitere städtische Gebäude findet aktuell die der Ausführung der Arbeiten vorangestellte Generalplanung statt – so in der Hauptschulsporthalle, der Aula des Schulzentrums und dem Hauptschulgebäude.

Für das Alte Rathaus, das aufgrund eines vorherigen Wasserschadens bereits vor dem Starkregen leer stand, erfolgt im Rahmen des InHK Leichlingen im dritten Quartal 2023 die Erstellung des Fördermittelantrags. Die geplanten Bauzeiten sind für 2024-2025 vorgesehen.
 

Das Projekt Archivrettung

Auch das Stadtarchiv Leichlingen hat durch den Starkregen schwere Schäden davongetragen. Die Archivalien lagerten im Keller des Rathauses, der nach der Flut in der Innenstadt unter Wasser stand. Die Bestände waren mehrere Tage feuchter, schlammiger Umgebung ausgesetzt. In einer Großaktion wurden die Archivalien geborgen, dokumentiert, vorsortiert, gereinigt und für den Abtransport in ein Kühlhaus in Troisdorf vorbereitet, wo sie seitdem auf 121 Paletten lagern. Um Zeit zu gewinnen, wurde dort durch Schockfrostung das Schimmelwachstum gestoppt und die langsame Eiskristallbildung vermieden, die weitere Schädigung nach sich gezogen hätte.

Im Zuge der Gefriertrocknung soll dem Archivgut im nächsten Projektschritt nach und nach das Wasser entzogen werden. Der Vorgang wird voraussichtlich drei Jahre in Anspruch nehmen. Die gefriergetrockneten Archivalien müssen dann von Archivmitarbeiter*innen gesichtet werden, um zu entscheiden, ob eine Restaurierung der betroffenen Unterlagen möglich ist. Dafür werden die archivgetrockneten Unterlagen vorübergehend in einem Archivmagazin untergebracht – entsprechende Räumlichkeiten konnten im Sommer 2023 angemietet werden.

Rettungswürdige Akten werden im Anschluss restauriert. Gleichzeitig wird die Situation als Chance zur Digitalisierung genutzt: Alle relevanten Bestände sollen mithilfe eines Buchscanners digitalisiert und langfristig auch digital zur Verfügung gestellt werden. Da geeignete Räumlichkeiten gefunden wurden, kann nun in einem nächsten Schritt das mehrmonatige europaweite Ausschreibungsverfahren für die Durchführung erfolgen.

Circa zehn Prozent des Archivbestandes blieb unbeschädigt und lagert aktuell in Leverkusen-Opladen.
 

Hochwasser- und Starkregenvorsorge

Auch in Leichlingen sind die Folgen der Klimaveränderung immer stärker zu spüren. Gegensätzlichen Extremwetterereignisse wie Starkregen und Hitzephasen werden nach Fachmeinung von Klimatolog*innen zunehmen. Die 2021 gemachten Erfahrungen nutzt die Stadtverwaltung, um die Optimierung des Hochwasserschutzes voranzutreiben.

So hat der Städtische Abwasserbetrieb Leichlingen eine kombinierte Starkregengefahrenkarte erstellt, die das Ereignis von 2021 mit innerstädtischen Starkregenabflüssen und Flusshochwasser realitätsnah darstellt. Darüber hinaus finden aktuell Abstimmungen für die Sanierung und Höhenoptimierung der Hochwasserschutzmauern und -dämme im Stadtgebiet statt. Auch die Optimierung von Rückhalteflächen werden vorangetrieben, da diese oft kleinen, unscheinbaren Maßnahmen einen großen positiven Effekt haben können. In Abstimmung mit dem Wupperverband baut der Städtische Abwasserbetrieb Gewässerpegel und Niederschlagsmessstationen an Bachläufen auf, um im Starkregenfall auf Echtzeitdaten zurückgreifen zu können.

Die Stadtverwaltung ist außerdem in der 2022 gegründeten „Kooperation Hochwasser und Starkregen“ vertreten, deren Ziel es ist, die Konzeption und Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen in interkommunaler Zusammenarbeit zu koordinieren und den Informationsaustausch zu fördern, um große Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Wupper im kommunalen Verbund auf viele Schultern zu verteilen.
 

Krisenstab und Notfallvorsorge

Nach dem Hochwasser 2021 hat die Stadtverwaltung auch das Krisenmanagement weiter verbessert. Neben internen Maßnahmen zur Optimierung des Katastrophenschutzes wie der Weiterentwicklung des Krisenplans und dem Aufstocken potenziell katastrophenschutzrelevanter Gerätschaften wie z. B. Notstromaggregaten und einer Sandsackbefüllstation hat die Stadtverwaltung auf der städtischen Website Informationen gebündelt, die die Leichlinger*innen bestmöglich für eine eventuelle Notlage rüsten sollen.

Die Festlegung konkreter Standorte für die Einrichtung von Kat-Leuchttürmen, Notfall-Infopunkten (NIPs) und Schwarzen Brettern im Ernstfall soll die Leichlinger*innen dafür sensibilisieren, wo sie in Ausnahmefällen Unterstützung und Informationen erhalten können.

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