Frage: Das Ende des Ersten Weltkrieges im November 1918 bedeutete auch für Leichlingen eine Zäsur. Bald campierte eine rund 2.000 Soldaten starke Besatzungstruppe auf Cremers Weiden, die der Bevölkerung zuvor als „Menschenfresser“ angekündigt worden waren - was sich jedoch schnell als Irrglaube herausstellte: Die Soldaten entpuppten sich als gutmütig, insbesondere Leichlingens Kinder versorgten sie angesichts der verheerenden Versorgungslage immer wieder mit warmen Essen, Brot oder Süßigkeiten. Um welche Besatzungstruppen handelte es sich 1919?
Die Antwort lautete: Neuseeländische Truppen
In der Tat zogen mit Ende des Ersten Weltkrieges ab Dezember 1918 sowohl französische und kanadische Soldaten, als auch britische Truppen in Leichlingen ein. Die Schulchronik der Schule St. Heribert (Bd. I, 1904-1923) notiert für den 15. Dezember 1918: "Engländer und Schotten ziehen durch Leichlingen und Solingen hinauf". Für den 21. Dezember heißt es "Die Schotten aus Leichlingen sind abgezogen. Neuseeländer folgen". Und am 25. Dezember notiert Schulleiter Gotthelf Paulick: "Leichlingen: gut 800 Mann Neuseeländer der Besatzung bekommen. Hotel Tannenhof ist als Offizierskasino eingerichtet. Die Ortsschule und die katholische Schule sind belegt."
Die neuseeländische Brigade campierte auf den heute als Cremers Weiden bekannten Feldern.
Zunächst fürchtete sich die Leichlinger Bevölkerung vor den im Volksmund „Kiwis“ genannten Neuseeländern, machten doch Gerüchte die Runde, diese seien „Menschenfresser“. Doch dieses negative Bild wandelte sich schnell in Sympathie, als die ersten „Kiwis“ auf die Einheimischen trafen.
Der Altleichlinger Max Jansen erinnerte sich beispielsweise noch sehr präzise, wie er als hungriges Kind auf die Männer mit den typisch breitkrempigen Hüten traf. In der neuseeländischen Feldküche versorgten die Besatzer nicht nur ihre Soldaten, sondern auch die Leichlinger: „Wenn die Soldaten verköstigt waren“, so Jansen in einem Artikel des Kölner Stadtanzeigers von Hans Werner Hinrichs, „standen die Anwohner … Schlange. Der freundliche Kompanie-Koch teilte hungrigen Bittstellern einen Schlag Suppe aus, solange der Vorrat reichte.“ Auch Weißbrot, Kekse, Schokolade und Bonbons verschenkten die Soldaten, wovon besonders die Kinder profitierten.
Auch Josef Herweg wusste in seinem Bildband „Leichlingen in alten Ansichten“ von der Kinderfreundlichkeit der Kiwis und den vorherigen Vorurteilen zu berichten: „Neuseeländer gelangten 1919 als Besatzung nach hier. Sie bauten ihre Zelte auf Cremers Wiesen. Es hieß, man müsse Türen und Fenster geschlossen halten, sie seien Menschenfresser; doch waren die Soldaten an Menschenfreundlichkeit, besonders Kindern gegenüber, kaum zu übertreffen.“
Bei weiterer Spurensuche finden sich eine Reihe an Fotos und Bildern der Leichlinger Kiwis, die auch umliegende Gemeinden wie Bergisch Neukirchen aufsuchten - wohl wissend, dass der Abstand zum Leichlinger Quartier beim Besuch auswärtiger Gaststätten von Vorteil war.
Ein weiteres Gruppenbild der Leichlinger Kiwis findet sich auf der Internetseite der neuseeländischen „Victoria University of Wellington“ in der dortigen Sammlung der „New Zealand Electronic Text Collection“. Den Link auf diese Internetseite und das dortige Gruppenbild finden Sie HIER.
Für die Zusendung und Verwendungserlaubnis des Bildes aus Bergisch Neukirchen dankt das Archiv einem aufmerksamen Teilnehmer des Geschichtsquiz. Ebenso möchte sich das Archiv bei einem weiteren Quizteilnehmer für den Hinweis auf die Onlineressource der „Victoria University of Wellington“ bedanken.
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