Juli 2013

Geschichtsquiz Juli 2013

Frage: Zu Beginn der 1950er Jahre besaß der Motorsport in Leichlingen einen prominenten Status, wie die im Stadtarchiv hinterlegten Erinnerungen des Motor-Sport-Clubs Leichlingen (MSCL) im ADAC dokumentieren - Leichlingen war eine Hochburg des deutschen Moto-Cross. Auf und an den Wupperhängen am Schulbusch schossen die Moto-Cross-Fahrer bisweilen in knietiefem Schlamm über die Rennpiste. Benzingeruch lag in der Luft. Auf ihren zweirädrigen „Fluggeräten“ der Marken „Triumph“, „Tornax“, „Horex“, „NSU-Fox“, „Matchless“ oder „BSA“ kämpften sie vor bis zu 35.000 Zuschauern u. a. um die Deutschen Meisterschaften und Europameisterschaften. Schnell erlangte der Rennkurs der Blütenstadt mit einem Höhenunterschied von bis zu 60 Meter und zehn Meter hohen Steilhängen bundesweit Renommee. Wie aber hieß der Leichlinger Rennparcours, der am 26. August 1951 als Moto-Cross startete?

Die Antwort lautete:

a) „Erbslöh-Geländekurs“

Insgesamt 83 Fahrer gingen am 26. August 1951 vor 5000 Zuschauern an den Start der etwa 1000 Meter langen Strecke. Halsbrecherisch jagden die Fahrer ihre "Fluggeräte" über Stock und Stein, wobei die Piste an den Wupperhängen mit bis zu 10 Meter hohen Steilhängen aufwartete.

Dass dies möglich geworden war, verdankte der Motorsportclub MSC Leichlingen seinem motorsportbegeisterten Mitglied Günter Cremer - der Landwirt stellte das Gros des Geländes für den Streckenausbau zur Verfügung.

Im Fahrerlager schraubten die Moto-Cross-Fahrer an ihren Maschinen, bevor es in den sechs ccm-Klassen lautstark an den Start ging. Vor allem die Leichlinger Kinder und Jugendlichen waren fasziniert, stellten die Rennen doch ein Spektakel zum Anfassen dar.

Kurios auch die Besetzung mancher Durchgänge des ersten Erbslöh-Rennens, wenn etwa in der Klasse der leichten Motorroller Hans Weber aus Opladen seine an sich für die Straße konstruierte Vespa durch das Gelände peitschte - und siegte.

Der erste Renntag zeitigte auch kleinere Pannen, aus denen die Veranstalter für die Zukunft lernten: Lediglich im Start- und Zielbereich sowie im Fahrerlager waren Lautsprecher aufgestellt, die über den Rennverlauf informierten. An der Strecke - und insbesondere an den beliebten und vielbevölkerten Schleifen und Steilhängen - fehlten Lautsprecher, sodass teilweise "Verwirrung bei den Zuschauern" aufkam, "die erst langsam dahinterkamen, was nun eigentlich an der Reihe war." (Rhein-Wupper-Zeitung, 27.8.1951)

Den begeisterten Zaungästen war es einerlei - es war ein sonniger und warmer Sonntag, die Moto-Cross-Veteranen  nahmen die unwegsame Strecke mit artistischer Kunstfertigkeit, und das Publikum konnte sich überall mit ausreichend Eis, Würstchen und Limonade versorgen.

Das erste Rennen auf dem "Erbslöh-Geländekurs" verbuchte der MCSL, als voller Erfolg, einerseits wegen der vielen tausend Zuschauer, andereseits wegen der vielen prominenten Fahrer, die aus dem gesamten Rheinland angereist waren. Der Ansager der Lautsprecheranlage sprach gar von einem "Nürburgring in Miniaturausgabe" (Rhein-Wupper-Zeitung, 28.8.1951).

Bei ihrer Eröffnung 1951 gingen die Rennen ohne nennenswerte Unfälle reibungslos zu Ende. Die Sieger der einzelnen Klassen lauteten Hans Weber (Motorroller) auf Vespa, Ulrich Krämer (bis 100 ccm) auf Adler, Toni Becker (bis 125 ccm) auf Puch, Hein Krings und Günter Kohler (bis 200 ccm) auf Tornax bzw. Hoffmann, Robert Haasbach (bis 250 ccm) auf Puch, der Oberleutnant der britischen Militärpolizei in Düsseldorf Artur Betty (bis 350 ccm) auf Matchless und Rolf Clasen (bis 500 ccm+) auf BMW.

Mit der neuen Rennstrecke etablierte sich Leichlingen schnell in der Renn-Szene. Die bucklige Cross-Piste verlangte mit ihren Wald-Passagen, Gräben, Mulden, Steilhängen und Vollgas-Geraden auch der europäischen Cross-Elite viel ab, so geschehen bei den Europameisterschaften am 4. September 1960, die den Höhepunkt der Rennstrecke markierte.

Fast wäre im Folgejahr 1961 gar die Moto-Cross-Weltmeisterschaft nach Leichlingen gekommen, denn das Angebot lag dem MSCL schon vor. Leider erwies sich die Europameisterschaft von 1960 trotz der imposanten Kulisse von zigtausend Zuschauern als Defizitgeschäft, sodass der Traum von der Weltmeisterschaft platzte - wenig später entstand auf dem Gelände die heutige Stadtsiedlung Cremers Weiden, womit sich das Moto-Cross-Kapitel des Erbslöh-Geländekurses für immer schloss.

 

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