Juli 2013

Objekt des Monats Juli 2013

Dreizackige Harpunenspitze - sogenannter „Girn“ - datiert über Gravur auf das Jahr „1769“, rückseitig mit Initialen „IWK“ versehen.

Neptuns Dreizack an der Wupper? Ein Relikt der Wupperfischerei des ausgehenden 18. Jahrhunderts

Im Magazin des Stadtarchivs lagern bisweilen Objekte, die sich auf den ersten Blick eher wenig in die Leichlinger Stadtgeschichte einfügen, so auch die rund zwei Kilogramm schwere, gusseiserne wie dreizackige Harpunenspitze eines sogenannten „Girns“ aus dem Jahre 1769.

Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass das an Neptuns Dreizack erinnernde Relikt durchaus nach Leichlingen passt. Noch Mitte des 18. Jahrhunderts war das Wasser der Wupper trotz ansässiger Gerber, Bleicher und Färber verhältnismäßig klar und sauber und der Fischfang bedeutend, wie schon das Leichlinger Stadtwappen mit dem Bergischen Löwen und Fisch aus der Familie der Salmoniden bezeugt. Forellen, Aale, Süßwasserkrebse oder Lachse kamen zuhauf vor. Vor allem der Lachs, der im Herbst zum Laichen in die Wupper zurückkehrte, war sehr begehrt. Ein Reisender aus Schweden berichtete 1758 aus Elberfeld: „Die Wupper fließt hier gleichfalls vorbei. Sie ist reich an Fischen von beträchtlicher Größe, die in Weidenkörben gefangen werden.“

Die fischreichsten Flussabschnitte bildeten an Kotten und Mühlen durch Stauwehre aufgestaute Teiche, wobei die Wehre flach ansteigende „Fischlöcher“ zum Aufstieg der Fische besaßen. Der bekannteste Leichlinger Wupperteich war der sogenannte „Hacks Teich“, der sich auf Höhe des heutigen Leichlinger Schulzentrums an den Hack’schen Kupferhämmern und Mühlen aufstaute. Das dortige Wehr staute das Wupperwasser, um die Mühlenräder anzutreiben. Es war zwar außerordentlich hoch (6 Fuß). Gleichzeitig war es aber auch sehr flach ansteigend, sodass es Fische problemlos passieren konnten, wie ein altes Gemälde aus dem Jahr 1765 verdeutlicht.

Das Bild verdeutlicht punktgenau, wie und wo ein „Girn“ eingesetzt wurde: Entweder die Fischer fingen die Fische mit der meterlangen Stoßgabel direkt am Wehr. Oder sie nutzten die Pausen der Kotten und Mühlen, in denen die Wasserräder stillstanden und der Wasserstand im Untergraben sank. Nun reihten sich die Fische im seichten und strömungsfreien Wasser förmlich nebeneinander auf, sodass sie leicht zu erbeuten waren.

Der im Stadtarchiv befindliche Girn von 1769 mit den Initialen „IWK“ könnte aus dem Besitz des Solinger Schleifermeisters Johann Wilhelm Kirschbaum entstammen, der die Fischereirechte der Burger Kameralfischerei um 1770 bis 1786 innehatte. Die dortige Fischerei unterstand bis 1807 der Düsseldorfer Hofkammer, die hierüber den Fischbedarf der Hofküche deckte. Die kameralen Fischgründe umfassten die Wupper flussabwärts der Kohlfurther Brücke (Wuppertal) bis zum Balkhauser Kotten. Die landesherrlichen Fischereirechte der Leichlinger Gewässer hatten dagegen lokale Adelsfamilien wie die Herren zu Nesselrath oder Vorst inne.

Vor Ort übernahmen jedoch meist bürgerliche Pächter wie Johann Wilhelm Kirschbaum die Hege und Pflege der Fischgewässer und -bestände. Wenn Pächter wie Kirschbaum ihr Fangwerkzeug mit persönlichen Initialen versahen, zeugt dies auch vom eigenen Sendungsbewusstsein: Die Fischerei war ein kostbares Recht, dass sich der Pächter jährlich mit barerer Münze teuer erkaufte - der mit den Initialen „IWK“ personalisierte Girn symbolisierte insofern auch, das Recht auf den Fischfang innezuhaben bzw. ausüben zu dürfen. 

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