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Hochwasser- und Starkregenvorsorge schreitet voran

|   Pressemitteilungen

Auch Leichlingen spürt die Folgen der Klimaveränderung in den letzten Jahren zunehmend. Neben Starkregenereignissen wie 2018 und 2021, bei denen innerhalb weniger Stunden mehrfache durchschnittliche Monatsniederschlagsmengen Regen fielen, nehmen die Trocken- und Hitzephasen im Sommer stark zu, die Menschen und Natur belasten. Diese gegensätzlichen Extremwetterereignisse werden nach Fachmeinung von Klimatolog*innen zunehmen. Der Klimawandel ist in Deutschland angekommen und Bürger*innen, Gewerbe und Kommunen sind gefordert, Menschenleben, Infrastruktur und Vermögen zu schützen. Dieses Bestreben ist der Stadtverwaltung Leichlingen ein großes Anliegen, daher setzt sie sich aktuell verstärkt mit Hochwasser- und Starkregenvorsorge, aber auch Klimaschutzmaßnahmen auseinander.
 

Optimierte Starkregengefahrenkarte:

Für das Stadtgebiet Leichlingen liegen verschiedene Starkregengefahrenkarten vor – neben der kommunalen Starkregengefahrenkarte aus dem Jahr 2017 eine 2021 veröffentlichte Starkregengefahrenkarte für den gesamten Rheinisch-Bergischen Kreis sowie eine 2022 erstellte Starkregenhinweiskarte für das gesamte Bundesland NRW. Die beim Starkregen 2021 aufgetretene Kombination von innerstädtischen Fließwegen durch Starkregen („urbane Sturzflut“) und dem Hochwasser aus den Flüssen wurde in der klassischen Siedlungswasserwirtschaft bislang allerdings nicht wirklich bedacht. Um die bisher klassisch getrennt berechneten und dargestellten Starkregenereignisse „Flusshochwasser“ und „urbane Sturzflut“ zukünftig als gemeinsames Ereignis bewerten zu können, hat der Städtische Abwasserbetrieb Leichlingen daher eine kombinierte Starkregengefahrenkarte erstellt, die das Ereignis von 2021 mit innerstädtischen Starkregenabflüssen und Flusshochwasser realitätsnah darstellt. Mit dieser auf der städtischen Website einsehbaren kombinierten Gefahrenkarte hat Leichlingen Neuland im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft beschritten.
 

Empirische Daten für die Hochwasserschutzoptimierung:

Um die Fließwege innerhalb der Stadt, aber vor allem aus der Wupper nachvollziehen zu können, wurden nach dem Starkregenereignis 2021 neben einer hydraulischen Simulation empirische Daten gesammelt, einerseits durch städtische Mitarbeiter*innen, andererseits durch Mithilfe aus der Bevölkerung, die Fotos, Videos und Berichte zu den Zuflüssen aus der Wupper über ein Online-Formular auf der städtischen Website einsenden kann. Die so gesammelten Daten und die Abflusssimulation ermöglichen es, Schutzmaßnahmen zukünftig noch gezielter und wirtschaftlicher umzusetzen.
 

Sanierung der Hochwasserschutzmauern:

Eine wichtige Maßnahme ist die Sanierung und Höhenoptimierung der Hochwasserschutzmauern und -dämme im Stadtgebiet. Aktuell finden dafür Abstimmungen zwischen der Bezirksregierung als Genehmigungsbehörde und Fördermittelgeberin, dem Wupperverband als Zuständigem für den Gewässerausbau und der Stadtverwaltung Leichlingen als Bauherrin und Initiatorin statt, um die rechtlichen, technischen und finanziellen Voraussetzungen zu klären.

Die Stadtverwaltung möchte den Hochwasserschutz zukünftig so optimieren, dass er auf das Extremereignis von 2021 ausgelegt ist. Dies stellt eine technische und finanzielle Herausforderung dar, die ohne Fördermittel nicht gestemmt werden kann. Fördermittel sind nach bisheriger Handhabung jedoch lediglich für einen hundertjährigen Hochwasserschutz HQ100 üblich. Daher erarbeitet die Stadtverwaltung mit dem Wupperverband aktuell eine Kosten-Nutzen-Analyse mit dem Ziel, einen Hochwasserschutz über HQ100 gefördert zu bekommen.

Selbst bei einer maximal möglichen Förderung von 80 Prozent werden die benötigten Restkosten als Eigenanteil bei der Stadt verbleiben, was auf mehrere Jahre verteilt eine Belastung von einigen Millionen Euro für den städtischen Haushalt bedeuten wird. Die komplexen Maßnahmen im dicht bebauten Innenstadtbereich machen die Sanierung der Hochwasserschutzmauern in der Innenstadt zu einem Projekt, das mindestens 5 fünf Jahre in Anspruch nehmen kann.

Die Stadtverwaltung hat zur Vorbereitung auf die Sanierungsmaßnahmen bereits 2022 damit begonnen, die privaten Teile der 1927 errichteten Hochwasserschutzwand ins städtische Eigentum zu übernehmen, sodass sie als kommunale Anlagevermögen mit Fördermitteln saniert werden können. Seit Ende 2022 wird der bauliche Zustand der alten Erdwälle entlang der Wupper sukzessive stichprobenartig geotechnisch untersucht, um den Zustand im Untergrund festzustellen. Auch wenn die Dämme dem Hochwasser 2021 standgehalten haben, ist aufgrund des Alters von circa 100 Jahren, dem störenden Bewuchs auf dem Dammkörper sowie durch Tierbauten im Damm davon auszugehen, dass die Standfestigkeit nach heutigen, mit Sicherheiten beaufschlagten Berechnungsmethoden nicht ohne Weiteres nachgewiesen werden kann. Nach Auswertung der geotechnischen Untersuchungen wird daher bereichsweise ein Schutzziel für die Innenstadt neu definiert werden müssen, das dann mithilfe von Fördermitteln umgesetzt soll. Es bleibt zu betonen, dass es trotz aller Anstrengungen keinen absoluten Schutz vor Naturkatastrophen geben kann. Die Leichlinger*innen müssen also auch weiterhin, wie im Wasserhaushaltsgesetz verankert, sich und ihr Eigentum selbst vor Überflutungen schützen. Die öffentliche Daseinsvorsorge kann lediglich einen langfristigen Grundschutz konzipieren.
 

Optimierung von Rückhalteflächen:

Neben den Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Wupper arbeitet die Stadt aktuell mit Unterstützung des Wupperverbandes gezielt an einem Schutzkonzept der kritischen Ortslagen Büscherhöfen und Unterberg. Da es sich um dicht besiedelte Siedlungsflächen handelt, sind dabei neben den wasserrechtlichen Fragstellungen vor allem grundstücksrechtliche Hürden zu überwinden. Ohne die Unterstützung von Grundstückseigentümer*innen durch die Zustimmung zur temporären Nutzung von Privatflächen, beispielsweise in Form von offenen begrünten Flutmulden, ist kaum eine Überflutungsschutzmaßnahme umsetzbar.

Auch an zahlreichen anderen Stellen im Stadtgebiet werden in den nächsten Jahren oberflächige Abflusswege für Starkregen sowie Rückhalteflächen geschaffen. Diese oft kleinen, unscheinbaren Maßnahmen können einen großen positiven Effekt haben, sind aber oft nur mit einigem zeitlichen Aufwand umsetzbar. Neben der Auenretention im Höhscheider Bach wurden zuletzt in Oberbüscherhof und aktuell im Blütenweg Maßnahmen umgesetzt, um schädigende Überflutungen bei Starkregen zu reduzieren. Außerdem wird in diesem Jahr die Diepentalsperre am Murbach für die drei beteiligten Kommunen Leichlingen, Burscheid und Leverkusen zum Rückhalteraum bei Starkregen ausgebaut.
 

Gewässerpegel und Niederschlagsmessstationen:

In Abstimmung mit dem Wupperverband baut der Städtische Abwasserbetrieb Gewässerpegel und Niederschlagsmessstationen an Bachläufen auf, um im Starkregenfall auf Echtzeitdaten zurückgreifen zu können. Die ersten beiden zusätzlichen Niederschlagsschreiber werden in diesem Jahr in Metzholz und Witzhelden in Betrieb gehen. Insgesamt sollen zukünftig bis zu fünf Gewässerpegel die Wasserstände in der Wupper, im Mur- und Weltersbach erfassen und auf den Datenserver des Städtischen Abwasserbetriebes übertragen. Diese Daten sollen perspektivisch auch der Feuerwehr und den Einwohner*innen in Echtzeit zur Verfügung stehen, um die Abflusssituation bei potenziellen Ereignislagen besser einschätzen zu können.
 

Sensibilisierung der Bevölkerung:

Neben der baulichen Umsetzung von Schutzmaßnahmen sieht das kommunale Starkregenvorsorgekonzept auch die Sensibilisierung und Information der Leichlinger*innen vor. Dies geschieht unter anderem durch Informationen auf der städtischen Website und in Flyern, wie zuletzt dem Abwassergebührenbescheid beigefügt, sowie Infoveranstaltungen wie dem Klimatag, der dieses Jahr zum zweiten Mal am 20. August im Brückerfeld stattfinden wird.
 

Krisenstab und Notfallvorsorge:

Nach dem Hochwasser 2021 hat die Stadtverwaltung auch das Krisenmanagement weiter optimiert. Neben internen Maßnahmen zur Optimierung des Katastrophenschutzes wie der Weiterentwicklung des Krisenplans und dem Aufstocken potenziell katastrophenschutzrelevanter Gerätschaften wie z. B. Notstromaggregaten und einer Sandsackbefüllstation hat die Stadtverwaltung auf der städtischen Website Informationen gebündelt, die die Leichlinger*innen bestmöglich für eine eventuelle Notlage rüsten sollen. Die Festlegung konkreter Standorte für die Einrichtung von Kat-Leuchttürmen, Notfall-Infopunkten (NIPs) und Schwarzen Brettern im Ernstfall soll die Leichlinger*innen dafür sensibilisieren, wo sie in Ausnahmefällen Unterstützung und Informationen erhalten können.
 

Projekt Schwammstadt:

Das in Leichlingen aktiv fokussierte Thema Schwammstadt versucht mit vielen kleinen Maßnahmen den Abfluss von Niederschlagswasser aus der Stadt bei Regenfällen zu vermeiden, schädigende Abflusswege zu lenken und Wassermengen zurückzuhalten. Dabei finden aktuell mehrere Pilotprojekte der Stadtverwaltung, teilweise mit Partner*innen von Hochschulen, statt. Ziel ist es, das Wasser in regenreichen Zeiten zu speichern, um es in Trockenphasen dem städtischen Grün bereitstellen zu können. Gemeinsam mit der Anpflanzung klimaresilienter Baumarten soll das Stadtgebiet so klimaangepasst werden, um auch kommenden Generation eine vitale Blütenstadt zu ermöglichen. Gleichzeitig verbessern die vielen kleinen Maßnahmen im Kontext der Schwammstadt perspektivisch auch die Wirkung von Schutzmaßnahmen bei mittleren Starkregenereignissen. Sie stellen daher einen weiteren Baustein der kommunalen Starkregenvorsorge dar.
 

Interkommunale Zusammenarbeit:

Für große Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Wupper ist die interkommunale Zusammenarbeit entscheidend, um die Last im kommunalen Verbund auf viele Schultern zu verteilen. Daher wurde 2022 eine „Kooperation Hochwasser und Starkregen“ des Wupperverbandes und des Aggerverbandes gegründet, an der die Kreise und Städte beteiligt sind. Ziel ist es, die Konzeption und Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen unter den jeweiligen Kommunen zu koordinieren und den Informationsaustausch zu fördern sowie die begrenzten personellen operativen Ressourcen der Wasserverbände bestmöglich einzusetzen. Die konzeptionelle Bündelung sämtlicher Einzelmaßnahmen soll außerdem die Födermittelbeantragung und -bewilligung auf Landesebene erleichtern. Leichlingen ist dabei für die Kommunen des Rheinisch-Bergischen Kreises mit einem Vertreter in der zentralen Steuerungsgruppe aktiv.

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