Leichlinger Flutgeschichte – Hochwassergeschichte(n) in und aus der Blütenstadt
Die katastrophale Flut im Juli letzten Jahres und die Sturzflut 2018 haben sich in das Gedächtnis der Leichlinger Bevölkerung eingebrannt. Von vielen Menschen als neuartig empfunden, reihen sich diese Flutereignisse jedoch in eine wechselvolle Leichlinger Flutgeschichte ein, die die Blütenstadt seit jeher begleitet hat. Die Fluten von 1890, 1909 und 1925 gehörten lange zum kollektiven Gedächtnis der Stadt und führten zu den Befestigungsanlagen an der Wupper sowie der neuen Bogenbrücke, die heute das Stadtbild mitprägen. Aber auch nach dem Zweiten Weltkrieg gab es Fluten und Wasserschäden auf Leichlinger Gebiet. Sogar in Witzhelden war man vor unwetterartigen Wassermassen nicht völlig gefeit.
Land unter zu Kaisers Zeiten – das Hochwasser von 1890
Bereits zu Zeiten Kaiser Wilhelms II. hatten die Leichlinger einige Fluten hinter sich. Fritz Hinrichs berichtete bereits von etwa einem Dutzend dokumentierten Hochwassern seit 1693. Eins der schlimmsten Flutereignisse, die ausführlich dokumentiert sind, fand zwischen dem 23. und 25. November 1890 statt. Der damalige Bürgermeister Gustav Dahlmann berichtete an den Landrat, dass das Wasser bereits am 23.11. so weit gestiegen war, dass diverse Verkehrswege nur noch mit hohen Karren befahrbar waren, die die Stadt als letzte Verkehrsmöglichkeit einsetzte. Die Brücken mussten ebenfalls geräumt werden, wobei eine Notbrücke eingerichtet wurde, um bis zuletzt eine Überquerungsmöglichkeit zu bieten. Ähnlich wie 2021 glaubte man in der Nacht zum 24.11., dass der Fluss seinen höchsten Pegel erreicht hätte und im Folgenden zurückgehen würde. Jedoch wurde Leichlingen am Tag darauf durch erneut gestiegenes Wasser schließlich geflutet. Die Flutstärke war so hoch, dass die Verwaltung um die Bewohner*innen und ihre Häuser fürchtete. Das Wasser bahnte sich seinen Weg über das Gelände der Weyermann-Villen sowie den Marktplatz und setzte dabei diverse Gebäude unter Wasser. Über eine behelfsmäßige Verkehrsverbindung zwischen Büscherhof und dem Stadtkern konnte die Feuerwehr Bewohner*innen in Not retten, sodass keine Todesfälle gemeldet werden mussten. Die Flut erreichte ihren Höhepunkt um 20 Uhr und währte vier Stunden, bevor das Wupperwasser sich langsam, aber stetig zurückzog.
Am 25.11. war das Wasser morgens um sieben Uhr auf dem Stand von Sonntag. Erst in den Abendstunden konnte die Flut als überstanden angesehen werden, wobei die Wupper 50 bis 60 Wohnhäuser sowie eine Vielzahl von Gemeindewegen beschädigte. Der Schaden an den Wegen wurde auf 4.000 bis 6.000 Mark geschätzt. Die anliegenden Fabriken der Firmen Albert Römer, Simons und Frowein sowie Lingemann wurden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Angesichts der schweren Schäden bat Bürgermeister Gustav Dahlmann beim Landrat Möllenhoff um finanzielle Unterstützung, aber auch um Sachspenden. Besonders erwünscht waren Kohlenspenden an die Bewohner*innen, damit diese ihre völlig durchnässten Häuser so schnell wie möglich trockenlegen konnten. Das Schreiben des Landrats konnte jedoch nicht viel Hoffnung machen, da zwar Aussicht auf finanzielle Beihilfe zur Wiederherstellung der Gemeindewege bestand, für die Sanierung von Privathäusern allerdings kein „Fonds“ zur Verfügung stand. Es wurde vorgeschlagen, dass man sich in äußersten Notfällen an den Regierungspräsidenten wenden soll, um eventuell außerplanmäßige Hilfe zu erhalten.
Die große Flut des Jahres 1890 blieb der Leichlinger Bevölkerung noch jahrzehntelang im Gedächtnis. Insbesondere die Fluten 1909, 1925 und 1946 wurden immer wieder mit der 1890er Flut verglichen. In der Stadt fand sich bis in die 1970er Jahre ein Mahnmal an der Leichlinger Dorfschule, wo der damalige Höchststand abgelesen werden konnte.
Kaum erholt und wieder unter Wasser – Hochwasser 1909
Nicht einmal eine Generation später musste die Blütenstadt erneut eine große Flut verkraften. Am 4. und 5. Februar 1909 wurde der Ortskern wieder unter Wasser gesetzt, wobei das Bräuhausviertel innerhalb kürzester Zeit geflutet wurde. Das Überschwemmungsgebiet zog sich von Eicherhof über den Ortskern und Büscherhöfen bis nach Balken, wobei die sogenannte „Wupperkrümmung“ beim Eicherhof dem Anschein nach besonders anfällig für Flutereignisse war. Für 24 Stunden waren die Brücke und die zentralen Verkehrswege nicht mehr benutzbar, sodass die Leichlinger*innen von der Außenwelt abgeschnitten waren. Das Betreten der Straßen war durch die starke Strömung gefährlich. Auch die Schäden waren erheblich. Als sich das Wasser zurückzog, waren wie bereits beim nur unwesentlich schlimmeren Hochwasser 1890 diverse Keller geflutet und eine Vielzahl von Sachwerten vernichtet. Wie bei der Flut im Jahr 2021 fanden die Leichlinger*innen nach dem Rückgang des Wassers eine von Dreck und Schlamm geprägte Stadt vor. Die Beseitigung der Wasserschäden dauerte bis zum Frühjahr 1910.
Der Kaiser geht, die Republik kommt – das Wasser bleibt
1925 war das Kaiserreich inzwischen untergegangen und die Menschen lebten in der Weimarer Republik. Die Wupper freilich kümmerte es nicht, wer die Menschen regierte. In diesem Jahr trat der Fluss gleich mehrfach über die Ufer, wobei die Nächte um den Jahreswechsel 1926 den Leichlinger*innen kein schönes neues Jahr verheißen sollten. Die Zeitungen berichteten von einem Hochwasser, das denen von 1890 und 1909 nicht nachstünde. Wiederum waren die alte Wupperbrücke und die Verkehrswege überschwemmt und damit unpassierbar. Die Wupper strömte besonders stark durch die Marktstraße und die Neukirchener Straße bis nach Büscherhöfen. Das Wasser soll im Laufe der Nacht des 31.12. einen Pegelstand von über drei Metern erreicht und circa einen Meter hoch an einigen Häusern gestanden haben, sodass sogar die Beamten des Rathauses in die Flucht getrieben worden sein sollen. Praktisch der gesamte Stadtkern war betroffen. Die Zeitung berichtete von schweren Schäden an der Infrastruktur der Stadt, insbesondere an neu angelegten Straßen und Wegen sowie an hölzernen Lauben und Schuppen, die zum Teil vollständig zerstört wurden. Die Intensität der Flut in der Blütenstadt erregte die Aufmerksamkeit anderer Behörden: Der Landrat und ein Sachverständiger der Regierung besichtigten Leichlingen während sowie nach der Flut und machten sich ein Bild von dem Unglück.
Wupperbefestigung – flutfreie Zukunft für Leichlingen?
Die Hochwasserkatastrophen zwischen 1890 und 1925 machten deutlich, dass bisherige Maßnahmen zum Schutz der Stadt unzureichend waren. Ein Damm in der Nähe des Eicherhofs am linken Wupperufer konnte kein Hochwasser verhindern, wenn er überspült oder sogar durchbrochen wurde. Bereits die schwere Flut von 1909 hatte die Stadtoberen zum Handeln veranlasst. 1910 wurden Pläne für Hochwasserschutzanlagen entworfen, in denen bereits der zuvor bestehende Damm bei der Fabrik Albert Römer verstärkt und die alte Wupperbrücke durch eine Brücke ohne Mittelpfeiler ersetzt werden sollte. Die Pläne konnten aufgrund der finanziell klammen Lage zunächst nicht durchgeführt werden. 1914 kam der erste Weltkrieg, danach die Hyperinflation von 1923. Erst die relative Stabilität zwischen 1924 und 1929 verschaffte Leichlingens Verwaltung die Luft, endlich tätig zu werden. Neben dem Bau der Brücke war nun auch geplant, das Flussufer mit befestigten Mauern massiv zu verstärken. Gleichwohl kamen die Maßnahmen für die Fluten im Jahr 1925 bereits zu spät. Diese bittere Erkenntnis ist auch einem Zeitungsbericht Anfang des Jahres 1926 zu entnehmen, in welchem nach dem zerstörerischen Hochwasser der dringende Handlungsbedarf angemahnt und bisherige Verzögerungen indirekt kritisiert wurden.
Die neue Bogenbrücke wurde bereits 1926 nach nur sechsmonatiger Bauzeit fertiggestellt. Fürchtete man von Seiten der Stadtverwaltung noch eine „Verunzierung“ des Landschaftsbildes, stellt die Marly-le-Roi-Brücke heute ein Wahrzeichen Leichlingens dar. Die Brücke wurde nach den Erfahrungen im 19. Jahrhundert – 1837 wurde eine Brückenstütze von der strömenden Wupper schlicht weggerissen – ohne einen im Wasser stehenden Mittelpfeiler geplant. Dadurch wurde die Gefahr, dass die Brücke bei einer weiteren Flut einstürzen würde, massiv verringert. Zwischen 1927 und 1929 wurden entlang der Wupper Befestigungsmauern angebracht, unter anderem auch im Bereich der Evangelischen Kirche, wodurch ein Teil des Bräuhausviertels abgerissen werden musste. Weitere Maßnahmen waren eine Vertiefung des Flussbetts der Wupper sowie die Verlegung von Abflussrohren anstatt der bis dahin vorhandenen Gräben.
Die Mauern bewährten sich bereits 1930, sodass die Zeitgenoss*innen damals bereits der Ansicht waren, dass der Leichlinger Stadtkern fortan vor Hochwasser geschützt wäre, so etwa in einem Zeitungsartikel von 1932. Fotografien aus der damaligen Zeit zeigen, dass die Hochwasserschutzmaßnahmen erneute Flutschäden zwar nicht völlig verhindern konnten, die Folgen für die Blütenstadt und ihre Bewohner*innen jedoch deutlich abgemildert wurden. Die Stadtverwaltung bezahlte die Maßnahmen durch ein Darlehen, nachdem ein lange angedachter Deichverband nie umgesetzt wurde. Schriftstücke aus den frühen 1930er Jahren lassen jedoch erkennen, dass die Kapriolen der Weltwirtschaftskrise um 1930 die Stadt in massive Schwierigkeiten brachte und der Kredit eine Weile nicht bezahlt werden konnte.
Die "Schaukommission" – Leichlingens Hochwasserschutz
Die gesetzlichen Bestimmungen der damaligen Zeit machten die Einrichtung einer sogenannten „Schaukommission“ zur regelmäßigen Prüfung der Hochwasserschutzanlagen notwendig. Mitglieder der Kommission waren neben dem Landrat als Vorsitzendem der Leichlinger Bürgermeister, sein Stellvertreter sowie einige Leichlinger Bürger als Stellvertreter der Wupperanlieger*innen, die ebenfalls einen Beitrag zum Bau der Schutzanlagen zahlen mussten. Die Kommission besichtigte die Anlagen mindestens einmal im Jahr und beanstandete oftmals kleinere Beschädigungen an Grasflächen oder Treibgut, das sich unter anderem durch nicht zulässige Blockaden oder Anpflanzungen ansammelte. Darüber hinaus verursachten Tiere des Öfteren Schäden an den Dammanlagen. So wurde die Grasfläche auf dem Damm bei Eicherhof teilweise sogar als Viehweide benutzt. Die Beseitigung der Mängel verzögerte sich oft, was unter anderem an finanziellen Schwierigkeiten lag.
Die Besetzung der „Schaukommission“ war während der Herrschaft des Nationalsozialismus anscheinend auch an politische Voraussetzungen geknüpft: Ein Schreiben bestätigte die „sachliche, persönliche und politische“ Unbedenklichkeit zweier Mitglieder. Der dritte Vertreter der privaten Anlieger*innen wurde hingegen durch ein Mitglied des Stadtrates ersetzt, wobei keine Begründung dafür angegeben wurde. Interessant ist auch eine Entscheidung aus dem Kriegsjahr 1940: Der Damm auf der Höhe des Eicherhofs wurde für Schießübungen benutzt. Während Einschusslöcher durch Infanteriegewehre als akzeptabel angesehen wurden, hatte das Training mit Granatwerfern offenbar zu schweren Schaden angerichtet, sodass dieses untersagt wurde. Reparaturen wurden mit Verweis auf „schlechte Witterungsverhältnisse“ und „Arbeitskräftemangel“ auf die lange Bank geschoben. Da 1940 auch die letzte Besichtigung vor Kriegsende stattfand, ist festzustellen, dass der Hochwasserschutz angesichts des Krieges in dieser Zeit keine besondere Priorität genoss.
Hochwasser in Zeiten des Wiederaufbaus
Der Krieg war 1945 zu Ende gegangen und mit den ersten Bemühungen des Wiederaufbaus rückte auch die Flutgefahr wieder in den Blickpunkt. Bereits im Dezember 1945 holte die Verwaltung die versäumten Besichtigungen der Schutzanlagen nach und konnte vermelden, dass die Anlagen abgesehen von der mangelnden Pflege intakt seien. Dies mag auch der Grund sein, dass Leichlingen die verheerende deutschlandweit auftretende Flut Anfang/Mitte Februar 1946 relativ glimpflich überstand, während es in anderen Städten wie Burg an der Wupper wieder „Land unter“ hieß. Der Schadensreport der Stadt weist lediglich auf Schäden in Forstgebieten hin, im Zeitungsbericht ist von einer gesperrten Bahnstrecke nahe Leichlingen die Rede.
Der Weltersbach – die unterschätzte Hochwassergefahr
Bereits fünf Jahre später mussten die Leichlinger*innen jedoch feststellen, dass die Wupper nicht der einzige Fluss mit Hochwassergefahr ist. Starke Unwetter um den 31. Juli 1951 herum ließen, ähnlich der späteren Flut 2018, vor allem den Weltersbach massiv anschwellen und sorgten für eine Sturzflut, die sich bis in den Leichlinger Ortskern – damals Marktplatz und Kirche – ausbreiten sollte. Der hochintensive Regen überforderte die Kanalisation der Blütenstadt und machte aus abschüssigen Straßen und zentralen Plätzen reißende Flüsse und kleine Seen. Die Schäden waren bei Privatpersonen und Firmen gleichermaßen enorm, wobei der Verwaltungsbericht von 1951 die Gärtnereibetriebe als am stärksten betroffene Branche herausstellte. Der Gesamtschaden wurde später auf 598.215 Mark beziffert.
Besonders betroffen waren das Weltersbachtal, dort vor allem Hasensprung, sowie die Ortschaften Büscherhöfen und Balken, in denen das Wasser etwa 60 bis 80 Zentimeter hoch stand. Einige Bewohner*innen eines Wohnhauses in Hasensprung mussten sich sogar auf dem Dach in Sicherheit bringen. Die Wassermassen strömten in einer Höhe von etwa 1,5 Metern durch das Haus und zerstörten dabei einen Großteil des Inventars. Der Schaden wurde auf über 50.000 Mark geschätzt.
Der bis dahin fehlende Hochwasserschutz für die Anlieger*innen des Weltersbaches rückte daraufhin in den Blickpunkt: Es wurden Pläne zur Säuberung und Begradigung des Weltersbaches entwickelt. Bis zur Umsetzung verging allerdings fast ein Jahrzehnt, da der Bau der Landstraße 294, die in die Hochwasserschutzpläne mit einbezogen werden sollte, sich mehrfach verzögerte. Dies war ein Umstand, der sich 1957 bitter rächen sollte.
Ein positiver Lichtblick bei der Katastrophe 1951 war jedoch der Zusammenhalt der Leichlinger*innen. Die Verwaltung berichtet vom unermüdlichen Einsatz der freiwilligen Feuerwehr, die zusammen mit freiwilligen Helfer*innen „Tag und Nacht“ im Einsatz war, um die Geschädigten zu unterstützen, Häuser leer zu pumpen und den wie immer vielfach vorhandenen Schmutz und Schlamm zu beseitigen. Es war „tagelange intensivste Arbeit“ notwendig, um die Stadt aus dem Gröbsten zu bringen. Wie bei der Flut 2021 waren die Leichlinger*innen auch damals solidarisch und gingen zusammen durch eine solche Katastrophe.
Ortskern geschützt, Peripherie ist es nicht – die Flut 1957
Zwischen dem 21. und dem 23. September 1957 wurde das Bergische Land erneut von einer schweren Flut heimgesucht. Während der Ortskern zwar betroffen war, jedoch weitgehend intakt blieb, wurden aus den umliegenden Ortschaften zum Teil schwerste Schäden gemeldet. Die Straßen bei Haasenmühle standen unter Wasser, während Fähr und Wipperaue überhaupt nicht mehr zu erreichen waren. Noch schlimmer traf es Nesselrath, wo einige Häuser völlig eingeschlossen waren und die Bewohner*innen nur durch Schlauchboote gerettet werden konnten. Weitere betroffene Ortschaften waren Leysiefen, Kradenpuhl und Unterberg. Balken stand ebenso wie Diepental teilweise unter Wasser. Ernst Halbach meldete, dass seine Restauration zu Fuß nicht mehr zu erreichen war. Das Elektrizitätswerk wurde ebenfalls beschädigt. Erneut traten auch der Schmerbach, der Weltersbach und der Murbach über die Ufer und hinterließen im Weltersbachtal und in Büscherhöfen wie schon 1951 schwere Verwüstungen. Der Schaden war so groß, dass die Stadt mangels Personal die Bevölkerung bat, Schadensmeldungen direkt an das Bauverwaltungsamt zu melden.
Oben auf dem Berg – Wasserschäden in Witzhelden
Witzhelden war durch seine Lage natürlich nicht direkt hochwassergefährdet. Dennoch zeigt die Überlieferung, dass auch das Höhendorf bei Unwettern nicht verschont blieb, zumal einige der umliegenden Gehöfte nah an potenziell gefährlichen Gewässern liegen. Vor allem bei der Flut 1957 war die Gemeinde verhältnismäßig schwer betroffen, herausstachen der Bürgermeister August Weltersbach und Max Claasen, deren Schäden mit 2.000 DM beziehungsweise 15.000 DM beziffert wurden. Durch die Ortschaft Wupperhof, die direkt an der Grenze zu Solingen auf Witzheldener Gebiet lag, war die Gemeinde ebenfalls ein Wupperanrainer und von den Fluten 1890 und 1946 betroffen. Die Schäden am Wupperhof wurden jeweils über die Witzheldener Verwaltung bei den nächsthöheren Stellen gemeldet. Über etwaige Hochwasserschutzvorkehrungen ist nichts bekannt. Da die Gemeinde finanziell chronisch klamm war, ist zu vermuten, dass für eigene Maßnahmen kein Geld übrig war.
Fluthilfen in der Vergangenheit und heute
Jede Flut bedeutete für die betroffene Stadt, dass Schäden entstanden, die meist ohne Hilfe von außen kaum zu bewältigen waren. Obwohl die Städte wie eben auch Leichlingen bei den höheren Stellen – also dem Kreis oder dem Land – um finanzielle Unterstützung baten, wurde diese oftmals nur sehr eingeschränkt gewährt. Dies wurde meist mit gesetzlichen Regelungen begründet, die vor allem für Privatpersonen und Firmen von Nachteil waren. So wurde 1890 eine Beihilfe von 1.000 Mark für die Reparatur der städtischen Wege und Straßen gewährt, wobei die Stadt nach wie vor die Hauptlast trug und darüber hinaus noch mal gesondert nachweisen musste, dass der Schaden tatsächlich so schwer war wie angegeben. Beim Hochwasser Ende 1925 mussten die Bürger*innen innerhalb von zehn Tagen ihre Schäden anmelden und wurden dabei angehalten, „genaue Berechnungen“ durchzuführen. Gleichzeitig wurde von Seiten der Stadtverwaltung klargestellt, dass „ebenso wie früher“ kein Rechtsanspruch auf Hilfen bestand, sodass man auf außerplanmäßige Beihilfen hoffen musste. Bei einem Gesamtschaden von 40.581 Reichsmark (zum Vergleich: 140 Mark Bruttodurchschnittslohn für einen Arbeiter) waren einige Leichlinger*innen mit Sicherheit auf externe Hilfe angewiesen.
Während die Verwaltung der Blütenstadt bei der Flut 1951 sofort tätig wurde und mit allen verfügbaren Mitteln die Schäden sichtete und katalogisierte, schien die Landesregierung keine Eile zu empfinden. Im Verwaltungsbericht 1951 ist notiert, dass die Hilfsaktion mehr als sechs Monate auf sich warten ließ. Der Stadtrat sah sich sogar genötigt, am 31. Januar 1952 einen Beschluss zu fassen, in dem mit „Befremden“ festgestellt wurde, dass „die Landesregierung trotz ihrer seinerzeit gemachten Zusage bisher keinerlei Hilfsmaßnahmen zur Beseitigung der Katastrophenschäden ergriffen, und daß die Untätigkeit der verantwortlichen Behördenstellen in den betroffenen Bevölkerungskreisen den größten Unwillen hervorgerufen habe.“ Es wurde erneut die dringende Notwendigkeit von Hilfen für die geschädigte Bevölkerung betont und die übergeordneten Behörden wurden erneut darum gebeten, sich der Problematik anzunehmen. 1957 wurde zwar die Gewährung von Beihilfen für Wohnungen und Hausrat gewährt, jedoch wurde gewerblicher Schaden explizit davon ausgenommen – für einige Selbstständige bedeutete dies eine Katastrophe, wie aus einigen Hilfsanträgen dieser Zeit herauszulesen ist. Vergleicht man diese Situationen mit der von 2021, so wird deutlich, dass sich das Verantwortungsbewusstsein der Behörden diesbezüglich merklich gewandelt hat.
Quellen:
Stadtarchiv Leverkusen:
4010-1151
4010-1905
4010-2999
4010-3176
4010-3569
4010-5835
Bergische Post, 30. Dezember 1925 bis 4. Januar 1926.
Kölner Stadtanzeiger, 24./25. September 1957.
Rheinische Zeitung, Nr. 58, 1946.
Rheinische Post, Nr. 177, 1951.
Stadtarchiv Leichlingen:
Krautmacher, Paul: Die Wupperregulierung in Leichlingen 1926 bis 1929, Leichlingen 2002.
Schulz-Walden, Torsten: „Das Landschaftsbild darf nicht verunziert werden“ – die Leichlinger Bogenbrücke von 1926, Leichlingen 2012.
Schulz-Walden, Torsten: „Hochwassergefahr!“ Historische Hochwasserereignisse an der Wupper, Leichlingen 2012.
Verwaltungsbericht der Stadt Leichlingen für das Rechnungsjahr 1951.