News-Detailansicht

Starkregen am 1. August: Was ist passiert und wie geht es weiter?

|   Pressemitteilungen

Nach dem Starkregen am Donnerstag, 1. August, hat der Städtische Abwasserbetrieb eine Analyse des Unwetterereignisses vorgenommen, um die Ergebnisse in seine Schutzmaßnahmen einfließen lassen zu können. Der ausführliche Bericht findet sich auf www.leichlingen.de/abwasser

Am diesem Tag ging über Leichlingen ein heftiges Unwetter nieder. Dabei fielen im Innenstadtbereich zwischen 16 und 17 Uhr 45 Liter Regen je Quadratmeter. Diese Regenmenge und -dauer entspricht nach der langfristigen statistischen Einordnung gemäß DWD-Regenstatistik einem Regenereignis, das einmal in 100 Jahren vorkommt. Die offiziellen DWD-Statistiken berücksichtigen allerdings bisher noch nicht die extremen Starkregen von 2018 und 2021, deren Regenmenge und Schadenswirkung erheblich größer waren als die des Starkregens am 1. August.

Besonders betroffen waren die Gebiete Balken, Büscherhöfen, Germaniabad und Unterberg in Nähe der östlichen Hangbereiche. Anders als 2018 und 2021 traten diesmal weder der Weltersbach noch der Murbach über die Ufer. Die Überflutung entstammte weitgehend den – teilweise landwirtschaftlich genutzten – Flächenabflüssen oberhalb der Hänge. Die dort niedergehenden Wassermengen suchten sich ihren natürlichen Weg hinunter in die tieferliegenden Siedlungsbereiche, wo sie lokal zu erheblichen Problemen führten. Dabei mischte sich das Regenwasser mit dem lehmigen Hangboden und schwemmte Geröll, Laub und Äste mit sich.

Anders als man beim ersten Nachdenken vermuten könnte, waren es nicht verstopfte Gullys, die zu den Überflutungen führten.  Die herkömmlichen Entwässerungsanlagen sowohl für die private Grundstücksentwässerung (z. B. Dachrinnen, Hofeinläufe, Grundleitungen), aber auch die öffentlichen Entwässerungsanlagen (z. B. Straßeneinläufe und Kanalisation) sind technisch nicht auf Starkregenereignisse, sondern gemäß Normung für einen sogenannten „Entwässerungskomfort“ ausgelegt, laut dem bei durchschnittlich starkem Regen bis auf wenige Ausnahmendas Niederschlagswasser schadlos abgeleitet wird. Diese privaten und öffentlichen Entwässerungssysteme stoßen bei einem Regenereignis stärkerer Intensität an ihre Kapazitätsgrenzen. Dann kommt es zur Überlastung der Entwässerungsanlagen und damit zu Wasserrückstauungen und oberflächigen Abflüssen, die zu überfluteten Straßen und je nach Schutz des Hauses auch überfluteten Kellern führen können. Dies war am 1. August der Fall.

Dabei können mitgeschwemmtes Laub und Geröll natürlichals weitere negative Faktoren dazu führen, dass sich Einläufe im Straßenbereich, Dachrinnen und Hofeinläufe zusetzen und so der Abfluss des Niederschlagswassers in die Kanalisation verlangsamt wird. Damit das mitgeschwemmte Laub und Geröll nicht in die Kanalisation gelangt, sind die Gullys und sonstigen Wasserabläufe auf öffentlichen Flächen mit Auffangkörben versehen, in denen sich derartige Kleinteile sammeln. Diese Auffangkörbe werden regulär zweimal jährlich durch externe Firmen mit entsprechendem Maschineneinsatz geleert, zuletzt Ende Juni. Zwischenzeitlich werden Straßeneinläufe bei dringlichem Bedarf nach personellen Möglichkeiten durch Mitarbeiter*innen der Stadt zusätzlich manuell geleert, zum Beispiel bei starker Verschmutzung – aufgrund des Gewichtes der Rosteinläufe führt dies jedoch zu einer gesundheitlichen Belastung und erfolgt daher nur im Ausnahmefall. Tritt ein Starkregenereignis wie das vom 1. August auf, sind die Entwässerungssystem wie oben erläutert aber ohnehin so überlastet, dass ein gegebenenfalls durch volle Auffangkörbe verlangsamter Wasserabfluss nicht mehr stark ins Gewicht fällt. Bei Starkregen fließen zudem enorme Wassermengen an den meist 50 Zentimeter breiten Gullys vorbei und können – unabhängig von der Verlegung durch Laub – gar nicht in das Entwässerungssystem einlaufen.
 

Starkregenvorsorge – was ist geplant, was wird empfohlen?

Die Erfahrung der letzten Jahre und die Prognosen im Zuge des Klimawandels zeigen: Starkregenereignisse nehmen zu. Der Schutz vor Starkregen- und Hochwasserfolgen ist eine langwierige Aufgabe, der sich die Stadtverwaltung seit 2018 intensiver annimmt. Dabei verfolgt sie kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen, um einen bestmöglichen Schutz zu erreichen. Wichtig sind auch private Vorsorgemaßnahmen. Bürger*innen müssen sich und ihr Vermögen selbstständig schützen, dazu verpflichtet nicht zuletzt das Wasserhaushaltsgesetz im Zuge der „Eigenvorsorge“. Trotzdem ist festzuhalten, dass es keinen absoluten Schutz vor Starkregen geben kann.

Insgesamt muss man davon ausgehen, dass die Anpassungen einer ganzen Stadt an die Herausforderungen des Klimawandels eine Generationenaufgabe sein wird, die viel Personaleinsatz, finanzielle Mittel und oftmals ein kompromissbereites Miteinander von Bürger*innen und Stadt erfordert.
 

Wasserlenkung und Wasserretention

Die Stadtverwaltung verfolgt verschiedene bauliche Maßnahmen zum Rückhalt von Geröll und Wassermassen, wasserlenkende Notwasserwege sowie bauliche Barrieren – die Planungsprozesse sind jedoch komplex und langwierig, dadie Maßnahmen wasserrechtlich genehmigungsfähig und wirtschaftlich umsetzbar sein müssen. So wird zum Beispiel die Schaffung von Retentionsflächen vorangetrieben, in die Wassermassen umgeleitet und dort sicher gesammelt werden können. Aufgrund der in der Regel bereits vorhandenen Nutzung infrage kommender Flächen konkurrieren geplante Schutzmaßnahmen mit anderen Nutzungsinteressen und stoßen oftmals auf eigentumsrechtliche Bedenken.

Die Stadt arbeitet zum Beispiel seit dem Starkregenereignis 2018 an einem Schutzkonzept für die besonders betroffene Ortslage Büscherhöfen. Vorschläge liegen auf dem Tisch, können aber bislang aufgrund von Nutzungskonflikten mit Inhaber*innen benötigter Flächen nicht in die Planungs- und Genehmigungsphase übergehen – der städtische Abwasserbetrieb führt weiterhin Gespräche, um eine geeignete Lösung für alle Beteiligten zu finden.

Der Wupperverband erstellt aktuell im Auftrag der Stadtverwaltung eine Machbarkeitsstudie für ein Hochwasserrückhaltebecken im Weltersbach vor Büscherhöfen. Fällt die Bewertung der Wirkung eines Hochwasserrückhaltebeckens an dieser Stelle positiv aus und ist eine Förderung durch das Land sichergestellt, soll dieMaßnahme zeitnah zur Genehmigung vorgelegt und umgesetzt werden, sodass bei Starkregen das überschüssige Wasser des Weltersbaches zukünftig in eine Ausweichfläche geleitet werden könnte, ohne weiteren Schaden anzurichten. Auch der durch die Städtekooperation von Leichlingen, Burscheid und Leverkusen finanzierte Hochwasserschutz im Murbach an der Diepentalsperre durch den Wupperverband befindet sich bereits in der konkreten Planungsphase.

Immer wieder taucht aus der Bürgerschaft die Frage auf, ob das Kanalsystem nicht für größere Wassermengen ausgelegt werden müsste. Neben den immensen flächendeckenden Baumaßnahmen im gesamten Stadtgebiet, die dafür nötig wären, muss bedacht werden, dass größere Kanäle nicht nur im Zuge des Umbaus, sondern auch im langfristigen Unterhaltteuer sind und von Gebührenzahler*innen finanziert werden.Beim Umbau müssten außerdem vorhandene Einlaufsysteme bis hin zu Dachrinnen und Fallrohrsystemen der privaten Grundstücke vergrößert und gegebenenfalls verlegt werden, wofür aber zunächst entsprechende Flächen im gesamten Stadtgebiet vorhanden sein müssten. Daher werden oberflächige Notwasserwege, Rückhalteräume oder Barrieren den teuren unterirdischen Maßnahmen vorgezogen.

Auch die Versickerungsfähigkeit der Böden spielt mit zunehmender Intensität des Starkregenereignisses eine immer geringere Rolle. Grundsätzlich ist es so, dass zu trockene, zu nasse, aber auch versiegelte Flächen sich negativ auf den Wasserabfluss auswirken, da der Boden so weniger Wasser aufnehmen kann. Das Wasser kann dann nicht versickern, sondern bleibt auf den Straßen. Fallen aber innerhalb kurzer Zeit Wassermassen wie am 1. August konzentriert in einem Bereich, ist jegliche Art von Bodenbeschaffenheit nicht in der Lage, das Wasser aufzunehmen. Versiegelte Flächen wirken sich daher zwar in der Tat negativ auf den allgemeinen Abfluss von Wasser aus, Entsiegelungen allein würden aber nicht dazu führen, die Schäden eines Starkregens abzufangen.

 

Kleinere Überflutungsschutzmaßnahmen

Kleinere stadtweite Überflutungsschutzmaßnahmen wurden in den vergangenen Jahren bereits umgesetzt, beispielsweise am Blütenweg, in Höhscheid, in Kradenpuhl, in Hülstrunk oder Oberbüscherhof. Sie haben sich auch beim Starkregen am 1. August im lokalen Umfeld bewährt und positive Wirkung erzielt. Weitere sogenannte „Hotspots“ sind identifiziert und werden folgen.

Die Stadtverwaltung prüft aktuell außerdem die Beschaffung eines eigenen Fahrzeugs zur teilautomatischen Reinigung der Straßeneinläufe und ist in Gesprächen zur interkommunalen Zusammenarbeit, um die hohen Anschaffungskosten auf mehrere Schultern zu verteilen. Damit wäre mehr Flexibilität bei der Reinigung der Straßeneinläufe möglich, auch wenn die grundsätzliche Leistungsfähigkeit der Einläufe bei Starkregen – wie oben erläutert – weiterhin ein limitierender Faktor bleibt.
 

Aufklärung und private Vorsorgemaßnahmen

Auch private Vorsorgemaßnahmen am eigenen Grundstück und Gebäude sind ein entscheidender Hebel beim Hochwasser- und Starkregenschutz. Dafür müssen die Bürger*innen in einem ersten Schritt die Gefahren erkennen, die von Starkregenereignissen ausgehen können. Bei der Einschätzung der Gefährdung für das eigene Grundstück kann die Leichlinger Starkregenkarte unter www.leichlingen.de/starkregen unterstützen, in der unter anderem die Fließwege bei Starkregen dargestellt sind. Der städtische Abwasserbetrieb pflegt die Karte und hat nach dem Starkregen vom 1. August Kontakt mit einzelnen Bürger*innen aus den betroffenen Bereichen aufgenommen, um die neuen Informationen der Situation vor Ort mit den vorliegenden Informationen abzugleichen und gegebenenfalls neue/bessere Erkenntnisse zu gewinnen.

Bei größeren Neubauvorhaben und in Bebauungsplänen verlangt die Stadtverwaltung mittlerweile einen Überflutungsnachweis, um bei Starkregen einen schadlosen Rückhalt auf den eigenen Grundstücken zu realisieren. Hierbei geht die Stadt bei aktuellen Großbaumaßnahmen selbst mit gutem Beispiel voran, wie bei der Turnhalle Balker Aue, der Schulsanierung der GGS Büscherhöfen, dem neuen Hallenbad und der Kita/OGS Uferstraße, wo abflussreduzierende Gründächer und Rückhaltungen vorgesehen sind, die bei Starkregen einen Teil des Wassers zurückalten.

Über mögliche Schutzmaßnahmen informiert der städtische Abwasserbetrieb regelmäßig, zum Beispiel im Zuge von jährlichen Bürgerinformationsveranstaltungen oder auf dem Klimatag. Auf der Internetpräsenz des Abwasserbetriebes finden sich weiterführende Informationsangebote. Bei konkreten Fragen stehen die Mitarbeiter*innen des Abwasserbetriebes unter starkregen@leichlingen.de zur Verfügung.

Grundstückseigentümer*innen können den „wilden“ oberflächigen Abfluss von ihrem Grundstück bei Starkregen selbst reduzieren und somit zur Gemeinschaftsaufgabe Überflutungsschutz beitragen, zum Beispiel durch den Einbau von Regenwasserzisternen auf dem eigenen Grundstück, dem Ableiten von Starkregenwasser in eine Mulde auf der Rasenfläche oder durch Nutzung von Fugenpflastern, in denen die ersten Starkregenmengen aufgenommen und zeitverzögert abgeleitet werden. Grundsätzlich tragen auch Grünpflanzungen wie Bäume und Hecken mit ihrem großen Blattvolumen auf dem eigenen Grundstück zum Regenrückhalt bei. Nicht umsonst stellt man sich bei Regen in Ermangelung eines Schirms unter Bäumen, um nicht nass zu werden – die Blätter halten die ersten Minuten auch eines Starkregens zurück und reduzieren so den Abfluss. All diese Maßnahmen können natürlich nur einzelne Bausteine eines stadtweiten Gesamtkonzeptes sein und wirken meist erst mittel- bis langfristig.

 

Umleitung von Regenwasser

Im Zuge des vom Bund geförderten Projekts „blau-grünen Klimaachse“ soll das saubere Regenwasser der Dachflächen im Innenstadtbereich zukünftig oberflächig in Erdmulden,Zisternen und Versickerungsanlagen abgeleitet werden, anstatt direkt in die Kanalisation geführt zu werden. Das entlastet dieKanalisation im Falle eines Starkregens und schafft so gegebenenfalls Kapazitäten für eine gezielte Einleitung von Starkregenwasser an anderen Stellen des Stadtgebietes. Die Zisternen und Versickerungsanlagen, die im Zuge des Schwammstadtkonzeptes sukzessive in den nächsten Jahren zur Bewässerung des Innenstadtgrüns in Trockensommern errichtet werden, fangen nur eine vergleichsweise kleineRegenwassermenge bei Starkregen auf. Dennoch bilden auch sie einen Baustein der umfassenden Starkregenvorsorge.
 

Maßnahmen an der Wupper

Die Stadtverwaltung arbeitet zusammen mit dem Wupperverband und den Nachbarkommunen an einer Neukonzeptionierung des Hochwasserschutzes entlang der Wupper, um ein Ereignis wie 2021 zukünftig schadlos an Leichlingen vorbeileiten zu können. Die Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Wupper kann nur im Einvernehmen mit den Nachbarkommunen erfolgen, damit der Hochwasserschutz einer Kommune nicht zu nachteiligen Auswirkungen in einer unterliegenden Kommune führt. Daher wurde eine Steuerungsgruppe mit den Kommunen, den Kreisen sowie dem Wupperverband im Einzugsgebiet der Wupper eingerichtet.

Bei der Planung der Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Wupper ergeben sich grundsätzliche Fragen zur Förderung der Gesamtkosten in Höhe von geschätzten 20 bis 40 Millionen Euro. Kommunen und Wupperverband bemühen sich gemeinsam auf Ebene der Bezirksregierung und Landesregierung darum, die Förderung nicht wie bislang nur auf ein 100-jähriges Hochwasserereignis auszulegen, sondern das Hochwasserereignis von 2021 zu Grunde zu legen. Dies sehen die klassischen Förderbedingungen des Landes (noch) nicht vor. Erst nach Entscheidung über die Förderbedingung auf Landesebene können Ingenieurbüros den Hochwasserschutz planen.

Aktuell findet eine Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durch den Wupperverband statt, um verschiedene Schutzvarianten kostenmäßig abzubilden. Sie soll voraussichtlich im Laufe dieses Jahres abgeschlossen werden.

Suche starten